Schweden

Kein Platz für Einzelapotheken

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Berlin -

Fünf Jahre ist es her, dass der schwedische Apothekenmarkt komplett liberalisiert wurde. Das staatliche Apothekenmonopol sollte einem System weichen, in dem von der Kette bis zur inhabergeführten Einzelapotheke jeder eine Chance haben würde. Jetzt kommt eine Untersuchung im Auftrag des Sozialministeriums zu dem Schluss, dass die Vielfalt wohl eine Utopie bleiben wird. Auch die Arbeitsbedingungen für das pharmazeutische Personal und die

mangelnde Kontrolle der OTC-Verkaufs außerhalb im Einzelhandel werden

kritisiert.

Statskontoret hat die Auswirkungen der Liberalisierung in den vergangenen fünf Jahren verfolgt und bereits zwei Zwischenberichte vorgelegt. Jetzt kommt die Behörde in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass nur zwei der im Vorfeld ausgegebenen Ziele in weiten Teilen erreicht worden sind: ein besserer Zugang zu Arzneimitteln und niedrigere Kosten. Bei der Qualität der Versorgung sieht die Behörde Licht und Schatten. Der Wettbewerb schließlich funktioniert laut Statskontoret zufriedenstellend; allerdings könnten am Ende nur einige wenige große Ketten übrig bleiben.

Den Zugang macht Statskontoret vor allem an der Zahl der Apotheken und den Öffnungszeiten fest. Demnach sind bis Mai vergangenen Jahres 356 neue Apotheken eröffnet worden. Die Verteilung ist aber einseitig: 350 Apotheken eröffneten in städtischen Gebieten. Sechs neue Standorte gibt es in stadtnahen, ländlichen Bezirken. Auf dem Land gab es keine Neueröffnungen. Insgesamt eröffneten nur 30 Apotheken in Gegenden, in denen es vorher keine Apotheke gab.

Die Öffnungszeiten haben sich dem Bericht zufolge verbessert: von durchschnittlich 45,5 auf 52 Stunden. Der Anteil der Standorte, die sonntags geöffnet haben, ist von 154 auf 422 gestiegen. Statskontoret bemängelt jedoch, dass nicht überall auf einen behindertengerechte Zugang geachtet wurde und dass sich die Situation im Verhältnis verschlechtert hat. Kritik gibt es auch in Sachen Lieferfähigkeit: So könnten einige Apotheken Rezepte nicht wie vorgeschrieben innerhalb von 24 Stunden beliefern.

Auch beim Zugang zu OTC-Medikamenten ist die Behörde gespalten. Einerseits hätten 5670 Supermärkte, Tankstellen oder andere Einzelhändler eine Zulassung zur Abgabe von OTC-Medikamenten beantragt. Die Händler konzentrierten sich allerdings auf den Verkauf von Schmerzmitteln, Antihistaminika und Nasensprays.

Immerhin haben sich laut Untersuchung die OTC-Preise positiv entwickelt: Je nach Wirkstoff seien die Kosten zwischen 15 und 40 Prozent gefallen. 10 Prozent preiswerter geworden sind Generika; auch Parallelimporte werden häufiger abgegeben. Beides hat aber, so die Gutachter, mit der eigentlichen Liberalisierung nichts zu tun - und hätte sogar anders ausgehen können, wenn es keine flankierenden Maßnahmen wie Ausschreibungen gegeben hätte.

Bei der Qualität der Beratung zeichnet sich ein gemischtes Bild. Einerseits sind die meisten Apotheken personell gut ausgestattet, andererseits bieten nur wenige Apotheken zusätzliche Dienstleistungen an. Eine Umfrage unter Mitarbeitern hat laut Statskontoret ergeben, dass sich die Arbeitsbedingungen und fachlichen Freiräume verschlechtert haben. Die Angestellten klagen über zusätzliche Belastungen, mehr Aufgaben, Forderungen seitens des Managements beispielsweise nach Zusatzverkäufen und weniger Möglichkeiten zur fachlichen Weiterentwicklung. Auch die Patienten sind teilweise bereits mit der Beratung weniger zufrieden. Ohne Gegenmaßnahmen, so Statskontoret, könnte auf lange Sicht die Kompetenz und Sicherheit in den Apotheken gefährdet sein.

Defizite sieht die Behörde auch bei den OTC-Shops. Einerseits würden die Verkäufe nur unzureichend dokumentiert, andererseits sei die Überwachung unzureichend. Hier fordert die Behörde eine bessere Zusammenarbeit der zuständigen Stellen.

Mit der Vielfalt der Anbieter ist Statskontoret nicht zufrieden. Insgesamt gebe es 29 verschiedene Akteure, darunter zwölf Apothekenketten unterschiedlicher Größe, wobei vier Anbieter den Markt kontrollierten. Hinzu kommen 15 kleine Anbieter mit mehr als einer Apotheke sowie drei unabhängige Apotheken. Die angestrebte Chancengleichheit für alle Anbieter ist laut Statskontoret gescheitert. Es gebe klare Hinweise, dass kleine Anbieter in einer verletzlichen Position seien: Insbesondere beim Einkauf und bei der technischen Ausstattung seien unabhängige Apotheken massiv benachteiligt. „ Wir glauben, dass die Regierung mit ihren Zielen hinsichtlich Vielfalt und gleichen Wettbewebsbedingungen für große und kleine Anbieter auf lange Sicht scheitern könnte.“

Im Sommer 2009 waren die 924 Apotheken des Staatsbetriebes Apoteket zu zwei Dritteln an Apothekenketten verkauft worden, etwa 300 Standorte verblieben im Staatsbesitz. Auch der Verkauf von einigen nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten außerhalb von Apotheken war erlaubt worden.

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