Schweiz

Schwarze Liste: Kasse lässt Aids-Patienten sterben

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Berlin -

Wegen rückständiger Beiträge verweigerte eine Krankenversicherung in der Schweiz einem HIV-Positiven die Erstattung seiner Medikamente. Der 50-Jährige starb an den Folgen von Aids.

Der Patient hatte Beitragsrückstände bei der ÖKK. Als Folge landete er auf einer schwarzen Liste. Bis zur Begleichung der Schulden sind die Versicherungen nur zur Vergütung von Notfällen verpflichtet. Nach Ansicht der ÖKK gehörte die HIV-Therapie nicht dazu. Beide Anträge des Patienten auf Erstattung seiner Medikamente wurden abgelehnt, beim zweiten Mal war er als Folge seiner nicht mehr eingedämmten HIV-Infektion bereits an Aids erkrankt. Der Patient starb Ende letzten Jahres in einem Krankenhaus in Chur.

Ein Sprecher der ÖKK, die sich selbst als „Versicherung mit gesundem Bündnerverstand“ bezeichnet, wollte sich zum konkreten Fall unter Berufung auf den Datenschutz nicht äußern. Er bestätigte aber gegenüber der Sonntagszeitung, dass HIV-Patienten bei ausstehenden Prämienzahlungen keine Erstattung erhalten. Dies sei aber „kein reiner Entscheid“ der ÖKK: „Wir dürfen vom Gesetz her nicht vergüten, wenn jemand auf der schwarzen Liste eines Kantons steht.“ Offen blieb, warum auch der zweite Antrag bei schon fortgeschrittenen Symptomen abgelehnt worden war. „Wir gehen in einem Notfall bei einer Aidserkrankung von einem ethischen Ansatz aus“, so die Kasse. „Dieser lässt sich mit einem palliativen Ansatz vergleichen.“ Was genau damit gemeint ist, wurde nicht näher erläutert.

Eine Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten kostet rund 2000 Franken im Monat. „Der Tod dieses Menschen hängt auch damit zusammen, dass sein Name auf der schwarzen Liste stand“, glaubt Lisa Janisch, Geschäftsleiterin der Aids-Hilfe Graubünden. Die Aids-Hilfe Schweiz spricht von insgesamt zehn ähnlich gelagerten Fällen in den Kantonen Aargau und Graubünden. Auch hier kämpfen auf dem Index gelandete HIV-Positive um eine Vergütung ihrer Behandlung.

Im Aargau habe ein Mann mithilfe eines Anwalts die Bezahlung der Medikamente erstreiten müssen, berichtete Candid Jäger von der Fachstelle sexuelle Gesundheit Aargau dem Sender SRF. Im Kanton liege die schwarze Liste in der Verantwortung der Gemeinden. Es komme also sehr darauf an, wo ein Betroffener wohne, bei welchem Arzt er in Behandlung sei und wer sich für ihn einsetze, so Jäger. Es gebe keine genaue Definition für einen Notfall, ergänzte Barbara Hürlimann, Mediensprecherin des Aargauer Gesundheitsdepartements. „Wir überlegen aktuell, ob zum Beispiel Betroffene mit Krankheiten, die ohne Behandlung tödlich sein können, ausgenommen werden sollen“, so Hürlimann. Die sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete Gabriela Suter will am 15. Mai eine Initiative zur Abschaffung der schwarzen Liste einreichen.

Die Regierung im Kanton Solothurn plädierte bereits Mitte März für die Abschaffung der schwarzen Liste: „Es ist davon auszugehen, dass der Leistungsausschluss mehrheitlich sozial und wirtschaftlich Schwächere trifft, die trotz dem in unserem Land geltenden Krankenversicherungsobligatorium nur noch eine Notfallbehandlung erhalten.“ Das setze die Betroffenen einer „erheblichen Gefahr“ aus. Der Kantonsrat entscheidet demnächst über die entsprechende Vorlage.

Immer mehr Schweizer können laut Bericht ihre Prämien nicht mehr bezahlen. Die Außenstände beliefen sich auf 305 Millionen Franken. Die Tendenz für 2017 war steigend, endgültige Zahlen lagen noch nicht vor. Für die Fehlfinanzierung müssen die Kantone in die Bresche springen. In neun der 23 Schweizer Kantone gibt es schwarze Listen. Über 33.000 Versicherte finden sich darauf wieder.

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