Großbritannien

Schotten sparen Zuzahlung Benjamin Rohrer, 04.03.2011 11:24 Uhr

Berlin - 

In Schottland gibt es ab dem 1. April keine Zuzahlungen auf verschreibungspflichtige Medikamente mehr. Das Parlament in Edinburgh verabschiedete vorgestern ein entsprechendes Gesetz. England ist nun der einzige Teil des Vereinigten Königreichs, der noch Zuzahlungen erhebt. Die Zusatzbelastung für den staatlichen Gesundheitsdienst (NHS) schätzt man im Ministerium auf umgerechnet 66 Millionen pro Jahr. Die schottischen Apotheker sind über die Entscheidung der Regierung erfreut.

2007 mussten Schotten pro abgegebener Medikamentenpackung noch 6,85 Britische Pfund zuzahlen. Ein Jahr später wurde der Betrag auf 5 Pfund, dann auf 4 Pfund und zum Jahreswechsel auf 3 Pfund (umgerechnet 3,50 Euro) gesenkt. Wales und Nordirland hatten die Zuzahlungen schon 2007 beziehungsweise 2010 abgeschafft.

Interessanterweise erklärt die Regierung die Abschaffung der Zuzahlung mit der Finanzkrise: „Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise sollten die Kranken nicht bestraft werden“, so Schottlands Erster Minister Alex Salmond. Auch die schottischen Pharmazeuten finden das neue Gesetz gut: „Wir begrüßen jede Neuregelung, die unnötige Hindernisse für Patienten aus dem Weg räumt“, so ein Sprecher des Apothekerverbandes. Durch die Abschaffung würden die Apotheker zudem bürokratisch entlastet.

In den Medien wird schon ein „Rezept-Tourismus“ diskutiert: Da Engländer nach wie vor in Apotheken zuzahlen müssen, rechnen Experten damit, dass schottische Apotheken im Grenzgebiet jetzt zum Anlaufpunkt für viele Engländer werden. An den Grenzen zu Wales seien derartige Entwicklungen beobachtet worden, heißt es in der britischen Tageszeitung „Daily Mail“.

Die Engländer fühlen sich ungerecht behandelt - denn als Steuerzahler des Königreiches nähren sie zumindest indirekt auch das Budget der NHS in Schottland. Zwar haben der englische und schottische Gesundheitsdienst getrennte Kassen. London verwaltet jedoch die Steuereinnahmen aus dem gesamten Königreich und stellt dem schottischen Parlament dann einen jährlichen Betrag für seinen Haushalt zur Verfügung. Das schottische Parlament kann seinen Haushalt daher zwar selber bestimmen, ist aber abhängig von regelmäßigen Zahlungen aus Westminster.

Die englische Patientenorganisation geht daher in die Offensive: Englische Steuerzahler würden diskriminiert, weil sie in den NHS-Topf einzahlten und als Einzige im Königreich nicht davon profitierten, zitiert „Daily Mail“ einen Sprecher.