Österreich

Schließung der Hausapotheke als Katastrophenszenario

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Berlin -

Hausärztin Claudia Ertl aus dem niederösterreichischen Schwadorf muss ihre Hausapotheke schließen. Grund ist eine alte Rechtsgrundlage, die zur Anwendung kommen musste, da in 2,8 Kilometer Entfernung eine öffentliche Apotheke eröffnet wurde. Nach der Schließung tun sich zwischen Apothekern und Gemeinde Gräben auf. Denn nun soll die Gemeinde Räumlichkeiten für die Abgabe von Medikamenten zur Verfügung stellen. Ortschef Jürgen Maschl spricht von einer Farce.

Das Landesverwaltungsgericht entschied, dass die Schwadorfer Gemeindeärztin ihre Hausapotheke mit sofortiger Wirkung schließen muss. Hintergrund des Gerichtsentscheids ist eine komplizierte rechtliche Situation, die ihren Anfang 1999 nahm. Denn damals hat die Apothekerin Monika Susanne Geyerhofer um eine Genehmigung für eine Apotheke in Enzersdorf ersucht. Das Gesetz schrieb damals vor, dass bei Genehmigung die Hausapotheke in Schwadorf schließen muss.

Die Apotheke kam jedoch erst 15 Jahre später. In der Zwischenzeit wurde durch die Apothekengesetznovelle aus dem Jahr 2006 unter anderem festgelegt, dass ärztliche Hausapotheken in sogenannten Ein-Arzt-Gemeinden bei Neueröffnung einer neuen Apotheke nicht geschlossen werden müssen, auch wenn die Entfernung von vier Kilometern unterschritten wird. Da die Genehmigung der Apotheke 1999 beantragt wurde, bildete auch das damals geltende Gesetz die Grundlage für die Entscheidung. Und so musste Ertl ihre Hausapotheke schließen. Die Hausärztin ging gegen den Beschluss vor und musste nun in zweiter Instanz dennoch eine Niederlage einstecken.

Bürgermeister Jürgen Maschl zeigt sich von der Entwicklung enttäuscht. „Das entspricht einem Kahlschlag in unserer Gemeinde. Wenn wirtschaftliche Interessen vor die Gesundheit der Bürger gesetzt werden, dann hört für mich der Spaß auf“, sagte er dem Portal meinbezirk.at. Er hält es für eine „Farce“ der Gesetzgebung, dass die Entscheidung auf der Grundlage von veralteten Gesetzen gefällt wurde.

„Vor allem für ältere Menschen ist es eine Katastrophe“, sagte Ertl gegenüber APOTHEKE ADHOC. Angesichts der schlechten ÖPNV-Verbindungen steige die Abhängigkeit von alten und kranken Menschen von ihren Angehörigen und etwaigen Sozialdiensten. Für manche wird dieser Weg beschwerlich werden, denn nicht jeder der zum Arzt muss, ist jung und gesund“, so die Ärztin. „Davon abgesehen, dass mir ein wichtiger Teil meines Einkommens genommen wird, befürchten die Dorfbewohner eine Verschlechterung der Versorgung.“

Die Gefahr sieht die Apothekerkammer in Niederösterreich nicht. Im Gegenteil: In den Orten, in denen die Versorgung von den Apotheken übernommen wurde, hätten Patienten erklärt, dass sich diese sogar verbessert habe, argumentiert Peter Gonda, Präsident der Landesapothekerkammer. Hausapotheken seien ohnehin nur Notapparate. Sie hätten nur fünf bis zehn Prozent der Präparate einer durchschnittlichen Apotheke auf Lager.

Zusätzlich angeheizt wird die Debatte dadurch, dass die Gemeinde nun Räumlichkeiten für die Abgabe von Medikamenten zur Verfügung stellen soll. Dort sollen die Medikamente zu bestimmten Zeiten von Apothekenmitarbeitern abgegeben werden, erklärt eine Sprecherin der Landesapothekerkammer. Solche Räume sind gesetzlich vorgeschrieben. Das Gesetz lässt aber laut Apothekerkammer offen, um welche Räumlichkeiten es sich dabei handelt und wer sie zur Verfügung stellt. Die Gemeinde sei nicht dazu verpflichtet. Die Apotheke könne auch eine Vereinbarung mit einem Handelsbetrieb vor Ort oder anderen Einrichtungen treffen.

Doch der Bürgermeister reagiert dennoch empört: „Es sind schon die Apotheken in der Pflicht, Räume anzumieten. Das sehe ich nicht als Aufgabe der Gemeinde. Wir sind keine Ausgabestelle von Pulvern.“ Man könne nicht die Verantwortung auf die Kommune abwälzen, nachdem man gezwungen worden sei, die Hausapotheke zu schließen. Es gehe auch um Datenschutz, wenn Medikamente für Patienten einfach im Amt deponiert werden.

Eine rasche Lösung ist nicht in Sicht. Wie Ertls Anwalt mitteilte, gebe es zwar noch ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung. Weil dieses aber keine aufschiebende Wirkung habe, darf die Ärztin bereits jetzt keine Medikamente mehr abgeben. Ertl hofft indes auf die Macht der Öffentlichkeit, die sie auf ihrer Seite sieht. Etliche Medien haben bereits über den Fall berichtet. Weitere Anfragen, darunter von einem Fernsehsender, liegen der Ärztin eigenen Angaben nach vor. Anfang April soll zudem eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema stattfinden.

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