Ein Skandal um unbrauchbare Desinfektionsmittel in rumänischen Krankenhäusern erschüttert das Land. Im April enthüllten Journalisten, dass der Hersteller Hexi Pharma zahlreiche Kliniken damit versorgt hatte. Im Mai gab Gesundheitsminister Patriciu Achimas-Cadariu sein Amt auf. Wenige Wochen später starb der Chef des Unternehmens bei einem Autounfall. Die Ermittler gehen von Selbstmord aus.
Ende Oktober des vergangenen Jahres brach ein Feuer in einem Bukarester Nachtclub aus. Es gab mehrere Tote und Verletzte. Die Menschen, die es lebendig aus dem Gebäude schafften, wurden in umliegenden Krankenhäusern versorgt. Die wirkungslosen Desinfektionsmittel kamen zum Einsatz. Viele von den Ärzten behandelten Patienten sollen in der Folge an Infektionen resistenter Erreger gestorben sein, berichteten mehrere Medien.
Ein investigatives Journalistenteam der Zeitung „Gazeta Sporturilor“ sei dem Fall nachgegangen. Sie recherchierten über die Versorgungswege und Prüfungsverfahren des Desinfektionsmittels und deckten den Betrug auf.
Zahlreiche Antiseptika wären demnach so sehr verdünnt, dass sie Erreger unmöglich hätten reduzieren können. Medienberichten zufolge wurden die Lösungen mitunter in Deutschland gekauft, in Rumänien verdünnt und über eine zyprische Scheinfirma für einen höheren Preis verkauft. Die rumänische investigative Plattform mit dem Namen „RISE Project“ bringt die deutschen Hersteller BASF und Evonik als Verkäufer in Verbindung, nicht aber mit dem späteren Skandal.
Laut der britischen Zeitung „Economist“ hatte Hexi Pharma mehr als 350 Verträge mit Krankenhäusern geschlossen. Mittlerweile habe der ehemalige Marktführer die Produktion eingestellt und das Gesundheitsministerium die Produkte aus den Krankenhäusern zurückgezogen. Der Chef des Herstellers, Dan Condrea, fuhr Ende Mai auf einer Landstraße mit seinem Auto gegen einen Baum und starb – offenbar einen Tag vor seiner Anhörung bei der Staatsanwaltschaft.
Regierungschef Ciolos musste Gesundheitsminister Achimas-Cadariu gehen lassen, der von seinem Posten zurücktrat. Bis zur Parlamentswahl im November übernimmt Ciolos übergangsweise die Führung des Gesundheitsministeriums selbst. Die Bürger protestieren seit Monaten gegen die Regierung, der sie vorwerfen, den Skandal verschleiert zu haben.
Rumänien hat eines der schwächsten Gesundheitssysteme in der Europäischen Union. Die Gesamtausgaben für das Gesundheitswesen als Teil des Bruttosozialprodukts gehören laut OECD mit rund 6 Prozent im Vergleich zu anderen Ländern der EU zu den geringsten.
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