Schmerzmittelmissbrauch

Prince: Familie verklagt Walgreens

, Uhr
Berlin -

Die Hinterbliebenen des 2016 verstorbenen Musikers Prince verklagen die Apothekenkette Walgreens und ein Krankenhaus im US-Bundesstaat Illinois. Beiden geben sie eine wesentliche Mitschuld am Tod des Popstars: Walgreens soll ihm gefälschte Medikamente verkauft, das Krankenhaus ihn falsch behandelt haben.

Wie die New York Times berichtet, werfen die Angehörige des Sängers den Apothekern von Walgreens vor, ihm opioidhaltige Schmerzmedikamente ohne ausreichende medizinische Indikation ausgehändigt zu haben. Dabei hätten sie Regeln der Arzneimittelsicherheit verletzt. Der Sänger war am 21. April 2016 in einem Aufzug seines Studiokomplexes in Minnesota tot aufgeworden worden. Zuvor hatte er höchstwahrscheinlich versehentlich eine Überdosis des Opioids Fentanyl zu sich genommen. Bei einer Durchsuchung fand die Polizei eine Bayer-Flasche mit 64 Pillen, die mit dem Namen „Watson 853“ bedruckt waren. Eine pharmakologische Untersuchung ergab, dass es sich um gefälschte Vicodin-Tabletten handelte. Sie enthielten statt Hydrocodon das hoch potente synthetische Opioid Fentanyl.

Prince habe die Tabletten in einer Walgreens-Filiale erworben, weswegen die Familie und ihre Anwälte die Kette des Verkaufs gefälschter Medikamente bezichtigen. Die Tabletten waren auf einen falschen Namen abgegeben worden, da der Sänger seine Schmerzmittelsucht geheim halten wollte. Anfang des vergangenen Jahres hatte die Washington Post darüber berichtet, dass auch Ermittler der medizinischen Überprüfungsbehörde DEA weitere Unternehmen im Visier hatten, die in großem Umfang und nach fragwürdigen Standards Schmerzmittel verkauft haben sollen.

Dem Krankenhaus wiederum werfen die Angehörigen schwere Behandlungsfehler vor, die „direkt und unmittelbar“ zum Tod des Popstars geführt haben sollen. Am 15. April 2016, weniger als eine Woche vor seinem Tod, war der 57-Jährige in das Trinity Medical Center eingeliefert worden, nachdem sein Privatjet notlanden musste. Der Sänger dachte, er habe eine Überdosis des Opioids Vicodin genommen. Im Nachhinein stellte sich laut Ermittlungsakten jedoch heraus, dass es sich höchstwahrscheinlich bereits um die gefälschten Fentanyl-Tabletten handelte.

In der Klageschrift explizit genannt sind eine Ärztin und ein Apotheker: Sie hat ihn behandelt, er habe sie dabei beraten. Bei der Notlandung hatte der Sänger Augenzeugenberichten zufolge kaum noch geatmet. Es brauchte zwei Verabreichungen Naloxon, um ihn zurück ins Leben zu holen. Der Ärztin hatte Prince während der Behandlung gesagt, er habe nach einem zuvor zu Ende gegangenen Konzert zwei Tabletten Percocet, ein Kombinationspräparat aus Oxycodon und Paracetamol, genommen. Die Medizinerin gab in einem polizeilichen Verhör an, ihm das nicht geglaubt zu haben – nach dieser Dosis Percocet brauche es auf keinen Fall zwei Dosen Naloxon.

Der Sänger hatte sich jedoch geweigert, sich weiteren Untersuchungen zu unterziehen und verließ das Krankenhaus rasch wieder. Den Anwälten der Familie zufolge hätten die Ärzte ihn aber nicht gehen lassen dürfen. Sie ziehen eine klare Verbindung zwischen dem Fall und der grassierenden Opioid-Epidemie in den USA: Was mit Prince passiert ist, passiert mit Familien in ganz Amerika“, so die Anwälte George Loucas und John Goetz. „Die Familie hofft, mit dieser Untersuchung Licht auf diese Epidemie zu werfen und Wege aufzuzeigen, wie man sie besser bekämpfen und Leben retten kann. Falls Prince‘ Tod hilft, Leben zu retten, dann war er nicht völlig umsonst.“

Fentanyl ist ein synthetisch hergestelltes Morphin-Derivat, das zur Behandlung starker Schmerzen verwendet wird – meist in Form von Pflastern, Injektionslösungen oder Buccaltabletten etwa für Krebspatienten und bei Narkosen. Fentanyl gilt als besonders stark wirksam – es übertrifft die Wirkung von Morphin um den Faktor 120. Allerdings ist es dadurch auch deutlich gefährlicher. Schon geringe Überdosierungen können schwere Störungen des zentralen Nervensystems hervorrufen, was mit Bewusstseinsstörungen und Somnolenz einhergeht. Lebensbedrohlich ist die zentral hervorgerufene Atemdepression – auch der US-Sänger soll so ums Leben gekommen sein.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr aus Ressort
Tausende Filialen schließen
USA: Kahlschlag bei Apothekenketten
2500 Packungen illegal nach China verkauft
Paxlovid: Apothekerin aus Innsbruck angeklagt
Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben
Krankenkasse rechnet mit Milliardenverlusten

APOTHEKE ADHOC Debatte