PrEP-Import: Apotheker droht Ärger APOTHEKE ADHOC, 03.05.2018 15:15 Uhr
Lange gab es nur Kondome, um sich vor dem HI-Virus zu schützen. Doch mittlerweile sind PrEP-Medikamente verfügbar, die eine Ansteckung verhindern. Während es in Deutschland inzwischen kostengünstige Alternativen gibt, ist in der Schweiz nur das Original Truvada erhältlich. Da die Pillen sehr teuer sind, plant Roman Schmid, Inhaber der Bellevue-Apotheke in Zürich, Generika zu importieren. Aus rechtlicher Sicht kann es für den Apotheker heikel werden.
Im Unterschied zur EU sind in der Schweiz HIV-Medikamente zur Prophylaxe noch nicht offiziell zugelassen. Trotzdem soll die Nachfrage nach Angaben der Aids-Hilfe Schweiz steigen. Immer mehr Ärzte würden sogenannte PrEP-Medikamente verschreiben, bestätigte auch Benjamin Hampel, Infektologe an der Universitätsklinik Zürich, der Limmattaler Zeitung. Hampel selbst leitet seit März vergangenen Jahres eine sogenannte „PrEP-Sprechstunde“. Die Nachfrage nach Aufklärung in Sachen PrEP ist seinen Angaben nach in den letzten Monaten vor allem unter schwulen und bisexuellen Männern derart stark gestiegen, dass die Sprechstunde inzwischen bereits an drei bis vier Abenden pro Woche angeboten wird.
Das Problem: In Schweizer Apotheken ist nur das teure Originalpräparat Truvada verfügbar. Rund 900 Franken kostet eine Monatspackung des Medikaments. Die Generika aus dem Ausland sind hingegen für einen Buchteil davon zu haben: Das Produkt von Ratiopharm kostet beispielsweise in Konstanz rund 70 Euro. Viele Menschen würden laut Hampel deshalb auf die deutlich günstigeren Generika im Ausland ausweichen.
Schmid will das ändern. Zwar bestätigte der Inhaber der 24-Stunden-Apotheke am Zürcher Bellevue gegenüber der Limmattaler Zeitung, dass die Nachfrage nach Medikamenten zur HIV-Prohylaxe in den vergangenen Monaten tatsächlich deutlich angestiegen ist. Andererseits sagt auch er, dass viele sich das Originalpräparat schlicht nicht leisten könnten. „Da der Patentschutz von Truvada nur in der Europäischen Union, aber nicht in der Schweiz abgelaufen ist, bemühen wir uns derzeit, entsprechende Generika von Deutschland in die Schweiz zu importieren“, wird er zitiert.
Schon in den kommenden Wochen will Schmid in seiner Apotheke ein entsprechendes Präparat anbieten. Unterstützung findet er bei Hampel. Der Infektologe sieht es ebenfalls kritisch, dass Menschen praktisch dazu gezwungen würden, die HIV-Medikamente im Ausland zu beziehen: „Ich bin deshalb sehr froh, dass es einzelne Apotheken gibt, die sich dieser Problematik bewusst sind und nach pragmatischen Lösungen suchen“, sagte er der Zeitung.
Doch das Vorgehen der Bellevue-Apotheke könnte aus rechtlicher Sicht problematisch sein. Yves Platel, Apotheker und Mitglied der Geschäftsleitung der Bahnhof-Apotheke im Hauptbahnhof Zürich, wies im Bericht darauf hin, dass eine Apotheke nur im Einzelfall Medikamente aus dem Ausland importieren dürfe, und zwar, wenn nichts Vergleichbares in der Schweiz erhältlich sei. Für einen Parallelimport müsse eine Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vorliegen.
„Deswegen ist es illegal, wenn Apotheken aufgrund einer Preisvergünstigung das Generikum von Truvada in die Schweiz importieren“, wird der Apotheker zitiert. „Wo kämen wir hin, wenn Schweizer Apotheken jedes im Ausland günstigere Medikament in die Schweiz importieren würden?“
Leute, die solche Meinungen vertreten, seien nichts anderes als „Apparatschiks“, konterte Schmid. Der Apotheker hält trotz drohendem Ärger an seinen Plänen fest. Er habe keine Angst vor allfälligen Sanktionen, sagt er der Regionalzeitung. Swissmedic, die Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel, wollte sich zum konkreten Fall noch nicht äußern, da es sich vorerst nur um Absichtserklärungen des Apothekers handle.