Pharmaziestudium

„Als Bachelor kann man nichts reißen“

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Berlin -

Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz ist einer der bekanntesten Pharmazeuten in der deutschen Hochschullandschaft. Der Vizepräsident der Goethe-Universität ist Österreicher: Er hat in Graz Pharmazie studiert und 1989 promoviert. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC beschreibt er die Hintergründe für die Umstellung des Pharmaziestudiums in seinem Heimatland und erklärt, warum auch die deutsche Approbationsordnung genug Freiräume bietet, um das Studium zukunftsfähig zu machen.

ADHOC: Bachelor und Master im Pharmaziestudium – wäre das auch in Deutschland denkbar?
SCHUBERT-ZSILAVECZ: Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen dem deutschen und dem österreichischen Pharmaziestudium. In Österreich ist die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem politisch gewollt. In Deutschland ist das System für die Heilberufe Medizin und Pharmazie von keiner Seite aus gewünscht, auch von der Politik nicht. Von daher kann ich mir auch nicht vorstellen, dass es zu der Umstellung des Studiengangs kommen wird.

ADHOC: Warum kam es in Österreich zu der Umstellung?
SCHUBERT-ZSILAVECZ: Zum einen ist das Land insgesamt kleiner, entsprechend gibt es weniger Universitätsstandorte. Aus Wien hieß es dann, dass sämtliche Studiengänge im Zuge des Bologna-Prozesses angepasst werden sollen. Die Umstellung wurde von oben verordnet und die Universitäten mussten sie umsetzen. Das ist an sich auch erst einmal kein Problem, nur stellt sich mir die Frage: Der Bachelorabschluss? Was bringt das? Für die Approbation, also das Arbeiten in der Apotheke, ist der Master nötig. Am Ende streben fast alle Pharmaziestudenten die Approbation an. Mit einem Bachelorabschluss können Sie nichts reißen – zumindest nicht in einer Apotheke.

ADHOC: Hat das neue System auch Vorteile?
SCHUBERT-ZSILAVECZ: Ein Vorteil ist sicher, dass es nach dem Bachelorstudium möglich ist, mit einem Abschluss in der Tasche das Studium zu unterbrechen, um einmal über den Tellerrand zu schauen. Die Studierenden könnten zum Beispiel eine Zeit lang in die Wirtschaft gehen und Arbeitserfahrung sammeln. Danach können sie noch ihren Master anschließen. Insofern kann das neue System sinnvoll sein.

ADHOC: Welche Auswirkung hat die Umstellung auf das Studium selbst?
SCHUBERT-ZSILAVECZ: Die Studenten müssen durch die Umstellung selbstständig zwei wissenschaftliche Arbeiten anfertigen: die Bachelor- und die Masterarbeit. Insbesondere die Masterarbeit hilft, Studierende auf eine Promotion vorzubereiten. Allerdings gab es davor in Österreich schon nach altem System die Diplomarbeit. In Deutschland jedoch gibt es im Pharmaziestudium keine Gelegenheit für intensives eigenes Forschen.

ADHOC: Stehen die österreichischen Professoren hinter dem neuen System?
SCHUBERT-ZSILAVECZ: Ich denke, am Ende haben sie es akzeptiert. Denn es birgt mehr Chancen als Risiken. Die Struktur des Bachelor- und Mastersystem bietet mehr Platz für variable Elemente. Ich stelle mir vor, dass zum Beispiel im Master die Studenten eine Vertiefungsrichtung wählen können. Sie könnten entscheiden, ob sie mehr in die klinische Pharmazie oder in die naturwissenschaftliche Richtung gehen möchten. In Deutschland ist das Studium durch die Approbationsordnung sehr festgelegt.

ADHOC: Ist der Bologna-Prozess notwendig, um das Pharmaziestudium zu modernisieren?
SCHUBERT-ZSILAVECZ: Bei Licht betrachtet bieten sich auch unter der Approbationsordnung genug Freiräume, um das Studium an die Zukunft anzupassen. Das müsste nur von den Kollegen an den jeweiligen Universitäten noch mehr geprüft und durchgesetzt werden.

Schubert-Zsilavecz studierte Pharmazie an der Karl-Franzens-Universität in Graz, wo er im Fach Pharmazeutische Chemie 1989 auch promovierte und 1993 habilitierte. Zwischenzeitlich arbeitete er an den Universitäten in Bayreuth und Ulm. 1997 übernahm er die Professur für Pharmazeutische/Medizinische Chemie in Frankfurt. 2001 bis 2008 war er Studiendekan des Fachbereiches Biochemie, Chemie und Pharmazie; seit 2009 ist er Vizepräsident der Uni. 2003 wurde er zum wissenschaftlichen Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) ernannt; von 2008 bis 2011 war er Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG).

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