Pharmaziestudium

Das Staatsexamen ist die Ausnahme

, Uhr
Berlin -

In Deutschland und Frankreich gibt es für Pharmaziestudierende noch das Staatsexamen, alle anderen EU-Mitgliedstaaten haben die Hochschulausbildung der Apotheker an das Bologna-System angepasst – mehr oder weniger: In den meisten Ländern wurden die zuvor verbreiteten Studienabschlüsse einfach zum „Master of Science“ (Msc) umbenannt. Doch es gibt auch Gegenden, in denen der Bachelor nach zwei oder drei Jahren bereits für die Arbeit in der Apotheke ausreicht.

Ziel des Bologna-Prozesses war es, unter europäischen Studienabschlüssen höhere Vergleichbarkeit herzustellen. Für Studierende sollte es leichter werden, einen Teil ihres Studiums auch im Ausland zu absolvieren oder dort mit ihrem Abschluss eine Stelle zu finden. Dabei wurden die nationalen Studiensysteme schrittweise auf ein Bachelor- und Mastersystem umgestellt, wobei der Bachelorabschluss nach etwa sechs Semestern bereits zum Arbeiten befähigen soll. Der Master als zweiter Studiengrad nach vier weiteren Semestern gilt gemeinhin als Grundlage für die akademische Arbeit.

Nicht bei allen Curricula fiel die Umstellung auf dieses System leicht; Beispiel dafür ist die Pharmazie. Die Mehrzahl der europäischen Staaten hat sich daher für ein integriertes Masterstudium entschieden, wie das EU-finanzierte Projekt Pharmine (Pharmacy education in Europe) 2012 in einer Umfrage herausfand. Das bedeutet, dass nur ein Masterstudium der Pharmazie angeboten wird. Einen Bachelorabschluss gibt es auf dem Weg zum Master gar nicht. Allerdings haben die Studierenden mehr Freiheiten im Studium: Es gibt weniger starre Lehrpläne und große Prüfungsblöcke, stattdessen werden Kurse belegt und Punkte gesammelt. Das ist in Italien, Portugal, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen und den meisten osteuropäischen Ländern der Fall.

In anderen europäischen Ländern wiederum gibt es den Bachelorabschluss zwar, aber im Grunde nur auf dem Papier. Denn dieser Bachelor of Science in Pharmazie ist kein vollwertiger Abschluss: Stattdessen ist ein angehängter Master unbedingt notwendig, um später in der Apotheke arbeiten zu dürfen. Dieses System gibt es etwa in Spanien, Belgien, Irland und Island.

In einigen wenigen Ländern dagegen kann also schon der Bachelorabsolvent beruflich Fuß fassen. So berechtigt der ab kommendem Wintersemester angebotene Bachelorabschluss in Österreich nicht dazu, in einer Apotheke zu arbeiten. Der Einstieg in die Forschung oder Pharmaindustrie ist damit aber möglich.

In Schweden allerdings darf auch ein Bachelorabsolvent nach nur drei Jahren Studium bereits eine Apotheke leiten. Das ist in Europa aktuell eine Ausnahme; nur in Finnland, wo die Universität zu Ausbildungszwecken eine eigene Apothekenkette betreibt, gilt die gleiche Regelung. In den beiden skandinavischen Ländern gerät aufgrund des neuen Abschlusses zunehmend die Bedeutung des vollausgebildeten Apothekers in die Diskussion.

In Deutschland wiederum wurde das Pharmaziestudium bislang gar nicht auf das Bologna-System umgestellt. Hier wird es weiterhin mit einem Staatsexamen abgeschlossen. Die Politik hat, den Argumenten der ABDA folgend, das bisherige System verteidigt. In Heidelberg und Tübingen werden allerdings Modelle getestet, bei denen Studenten für das 1. Staatsexamen Punkte sammeln können, ohne eine MC-Prüfung ablegen zu müssen. Außerdem gibt es eine Reihe von Studiengängen, die für die Arbeit in der Industrie qualifizieren sowie Aufbau-Masterstudiengänge für Apotheker.

Auch Frankreich endet das Studium nach sechs Jahren mit einem staatlichen Abschluss – dem Diplôme d‘État. Doch auch dort hat Bologna Einzug gehalten: Pharmaziestudierenden wird nahegelegt, parallel zu ihrem Staatsexamen noch ein vertiefendes Masterstudium zu absolvieren.

+++ APOTHEKE ADHOC Umfrage +++

Bachelor/Master für Pharmazie: Was meinen Sie? Jetzt abstimmen! »

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr aus Ressort
Tausende Filialen schließen
USA: Kahlschlag bei Apothekenketten
2500 Packungen illegal nach China verkauft
Paxlovid: Apothekerin aus Innsbruck angeklagt
Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben
Krankenkasse rechnet mit Milliardenverlusten

APOTHEKE ADHOC Debatte