Die Pharmaindustrie kontrolliert sich selbst. Wer gegen den
Branchenkodex verstößt, bekommt es mit dem Verein Freiwillige
Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) zu tun. Der hatte
zuletzt wenig zu tun. 2011 etwa gab es überhaupt keine Sanktionen. Umso
schärfer weht der Wind in Großbritannien. Dort schaltet die
Kontrollstelle des Pharmaverbands ABPI derzeit sogar in Fachmedien eine
Zeitungsanzeige, in der die Praktiken des ungarischen Herstellers Gedeon
Richter angeprangert werden.
Dem Unternehmen wird vorgeworfen, die Branche in Misskredit gebracht zu haben. Konkret geht es um zwei Fälle, in denen Richter Ärzte zu Veranstaltungen eingeladen hatte. Ein ehemaliger Mitarbeiter wirft der Tochterfirma Preglem vor, bei einer Fortbildungsveranstaltung zu Esmya (Ulipristal) im April dieses Jahres allzu gastfreundlich gewesen zu sein: Obwohl der Kongress in Barcelona schon am Samstagmittag zu Ende gewesen sei, seien die Teilnehmer erst am Sonntag zurück gereist.
Schon auf der Website habe die Reise nach Barcelona im Vergleich zu den Fortbildungsinhalten zu sehr im Vordergrund gestanden, so der Vorwurf. Weil der ausführliche Terminhinweis im öffentlichen Bereich zu finden gewesen sei, habe der Hersteller auch gegen das Rx-Werbeverbot verstoßen.
Dazu kommt, dass das Unternehmen bereits ein Jahr zuvor eine ähnliche Veranstaltung durchgeführt hatte – und bereits Einladungen verschickt hatte, als das Präparat noch gar nicht zugelassen war. In einem weiteren Fall sollen die Verschreibungshinweise auf der Einladung gefehlt haben.
Obwohl die Vorwürfe nicht allzu schwerwiegend sind, hat die Kontrollstelle im British Medical Journal (BMJ), im Pharmaceutical Journal und in Nursing Standard Anzeigen geschaltet, in denen die Verstöße des Unternehmens angeprangert werden.
Dass ehemalige Mitarbeiter ihr Unternehmen anschwärzen, ist übrigens selten: 2011 kam von den 84 Beschwerden keine einzige aus der Belegschaft eines Herstellers. Dagegen wurden 22 Fälle von Firmen gemeldet, 25 von Verbrauchern und 30 von Heilberuflern. Von Apothekern kamen nur sechs Beschwerden.
Jeder zweite gemeldete Fall führte zu einer Strafe. Die Branche lässt sich die Selbstkontrolle übrigens umgerechnet rund eine Million Euro kosten. Dank Strafen und Gebühren trägt sie sich aber selbst.
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