Addyi: Lustpille als Ladenhüter APOTHEKE ADHOC, 22.10.2016 08:23 Uhr
Die Erwartungen für Addyi, die Lustpille für Frauen, waren groß. Doch ein Jahr nach Marktstart in den USA zeigt sich Ernüchterung – denn die Zahlen sind nicht wie erwartet.
„Pink Viagra“: So vielversprechend wurde die Pille mit dem Wirkstoff Flibanserin im Oktober 2015 genannt, denn sie sollte genauso erfolgreich wie ihr „männliches Pendant“ werden. Frauen, die an Lustlosigkeit leiden, sollte mit dem Medikament geholfen werden. Doch tatsächlich wirke das Arzneimittel nur bei etwa 10 Prozent der Frauen, schreibt die amerikanische Non-Profit-Organisation „National Women’s Health Network“ (NWHN).
Und genau da liegt auch ein entscheidender Unterschied zu dem Blockbuster Viagra. Während Addyi sexuelle Unlust durch Stimulation im Hirn bekämpfen soll, hilft Viagra Männern, die Sex haben möchten, aber unter Potenzstörungen leiden. Flibanserin wurde ursprünglich als Mittel gegen Depressionen entwickelt. Boehringer Ingelheim verkaufte das Projekt jedoch 2012 an Sprout, weil die Zulassung als Lustpille gescheitert war.
Mit einer gut durchdachten Kampagne gelang die Zulassung dann doch: Sprout finanzierte Frauenverbände, die für die Zulassung von Sexmedikamenten für eine weibliche Klientel werben – dadurch bekam das Thema öffentliche Aufmerksamkeit. Die US-Arzneimittelbehörde FDA – jetzt unter Zugzwang – erteilte die Freigabe. Einen Tag später verkaufte Cindy Whitehead, Chefin von Sprout, das Mittel für eine Milliarde Dollar an den kanadischen Hersteller Valeant.Detail
Experten zeigten jedoch von Anfang an Skepsis. Gründe dafür waren die minimal positive Wirkung sowie etliche Nebenwirkungen. Auch auf Alkohol muss während der Einnahme verzichtet werden – diese muss täglich erfolgen. Dadurch sei „Pink Viagra“ von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen, meint die Sexualmedizinerin Leonore Tiefer von der New York University. Auch der Preis von 800 Dollar pro Monatsdosis macht es nicht besser.
Kein Wunder also, dass Addyi kein zweites Viagra geworden ist. Laut IMS Health wurde die Pille in den ersten vier Monaten nur 3200 Mal verschrieben – bei Viagra waren es 323 Millionen Verordnungen. Im Mai 2016 sank die Zahl weiter auf 1000 Verschreibungen. Auf eine Anfrage, was man mit Addyi jetzt vorhabe, wollte sich der kanadische Konzern laut Handelsblatt nicht äußern.
In Deutschland hat Valeant laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) keinen Zulassungsantrag gestellt. Die Hoffnung auf ein wirksames Mittel für Frauen mit sexueller Unlust bleibt also vorerst unerfüllt.