Ein Innsbrucker Apothekenpaar ist diese Woche am Landesgericht Innsbruck wegen schweren Betrugs beziehungsweise des Beitrages dazu in Zusammenhang mit Paxlovid zu je 18 Monaten bedingter Haft – also auf Bewährung – verurteilt worden. Dem Ehemann wurde vorgeworfen, im Winter 2022/2023 das Corona-Medikament als Hilfskraft ohne Verschreibung und damit kostenfrei aus dem österreichischen Bundeskontingent bestellt und Teile davon indirekt nach China verkauft zu haben. Seine Ehefrau, die Apothekerin, habe Beihilfe geleistet.
Damit haben sie zwar eine Freiheitsstrafe von je 18 Monaten erhalten, müssen diese aber nicht sofort antreten. Stattdessen wird die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. So lange sie sich während der festgelegten Bewährungszeit an bestimmte Auflagen halten, bleiben sie auf freiem Fuß. Sollten sie währenddessen eine neue Straftat begehen oder gegen die Bewährungsauflagen verstoßen, kann die bedingte Strafe in eine unbedingte Haftstrafe umgewandelt werden, sodass sie doch ins Gefängnis müssen.
Das Paar muss zudem den entstandenen Schaden von 1,5 Millionen Euro, der der Republik Österreich durch die Taten entstanden war, vollständig zurückzahlen. Hinzukommen Geldstrafen in Höhe von 10.800 Euro für die Apothekerin und 1440 Euro für den Ehemann. Auch die Apotheke als Unternehmen wurde schuldig gesprochen: Hier wurde eine bedingt nachgesehene Geldstrafe von 12.500 Euro ausgesprochen. Eine bedingte Nachsicht einer Geldstrafe bedeutet, dass der Täter die Strafe nicht vollständig begleichen muss. Sämtliche Urteile waren vorerst nicht rechtskräftig.
Die Richterin argumentierte, dass das Paar den Schaden „gemeinschaftlich verursacht“ hätte. „Es ist lebensfremd zu glauben, dass der Zweitangeklagte überhaupt nicht wusste, was die Medikamente in etwa wert sind“, führte die vorsitzende Richterin aus. Seine Ehefrau – die angeklagte Apothekenbesitzerin – habe von den Bestellungen ihres Mannes zudem sehr wohl zumindest zum Teil Kenntnis gehabt: „Sie hat sich aber dafür entschieden, wegzuschauen.“
Zuvor hatte sich der Ehemann in der Verhandlung teilweise schuldig bekannt, seine Frau wies jede Schuld von sich. Er habe, damals als Hilfskraft bei seiner Frau angestellt, einen chinesischen Bekannten gehabt, der ihn dezidiert nach Paxlovid fragte und wissen wollte, „ob er das für ihn besorgen kann“, führte der 56-jährige Angeklagte bei der Verhandlung aus. Er habe darauf mit „Ja, sicher“ geantwortet und dieses Medikament schließlich „im System der Apotheke einfach bestellt“, erklärte er.
Das sei auch deshalb so einfach möglich gewesen, weil vom „System keine Meldung über etwaige Rezeptpflicht gekommen sei“, behauptete er. Über die Zeit seien die Mengen immer größer geworden. „Er hat mir auch erklärt, dass er Verwandte in China hat, die derzeit schwer krank sind“, berichtete der Ehemann.
Ihr Mann habe „wohl nicht registriert“, was sie ihm im Vorfeld erklärt habe, sagte hingegen die 59-jährige Apothekerin in der Verhandlung am Landesgericht. Sie habe nämlich klar darauf hingewiesen, dass „die Abgabe von Paxlovid rezeptpflichtig ist“, fügte sie hinzu. Die Frau nahm ihren Mann aber auch gewissermaßen in Schutz: „Er wusste wohl nicht, was diese Medikamente tatsächlich Wert sind und dass sie im Eigentum des Bundes sind.“
Hätte er das nämlich gewusst, hätte er die nunmehr angeklagten Taten wohl auch nicht begangen, meinte die Ehefrau, die ihrem Mann nach den Vorfällen kündigte. Diskrepanzen gab es hinsichtlich der Frage, wie oft sie mit ihrem Mann über den Sachverhalt der Rezept- und Verschreibungspflicht gesprochen habe. Bei der Polizei hatte die Frau im Zuge der Ermittlung von mehreren Malen gesprochen, bei der Verhandlung wollte sie nur ein Gespräch vor den ersten Großbestellungen für den chinesischen Kunden einräumen.
Klar sei für sie aber, dass sie keine Schuld treffe: „Ich ging davon aus, dass nach unserem Gespräch die Sache geklärt ist und habe auch nichts von den von ihm getätigten Bestellungen mitbekommen.“ Als schließlich der Großhändler anrief und sie auf die sehr großen und ungewöhnlichen Bestellmengen hinwies, habe sie schlicht „der Schlag getroffen“, erklärte die Apothekerin. Die Frau hatte den Vorwurf der Beihilfe bereits im Zuge der Ermittlungen von sich gewiesen.
Der dadurch entstandene strafrechtliche Schaden war laut Anklage beträchtlich: Über 1,8 Millionen Euro, da der Mann innerhalb von zehn Werktagen im Dezember 2022 und Januar 2023 schließlich 2500 Packungen des Corona-Medikaments bestellt habe, wie der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer sagte. „Es handelt sich dabei um ein besonderes Medikament, weil es im Eigentum des Bundes stand und Apotheken es nur abgaben“, erklärte der öffentliche Ankläger. Eine Verschreibung eines Arztes sei für die Bestellung aber notwendig gewesen, hielt der Staatsanwalt fest.
Der Mann habe auf Nachfrage eines chinesischen Bekannten jedenfalls ohne solche ärztlichen Verschreibungen Paxlovid in „großen Mengen bestellt“, so der öffentliche Ankläger weiter. „Ob der Angeklagte den wirklichen Wert des Medikaments wusste, der sich pro Packung auf 731 Euro beläuft, ist unklar“, fügte er hinzu. Er sei aber wohl davon auszugehen, dass er von einem Wert einer Packungen rund 400 Euro ausging und dadurch immer noch einen Schaden von rund einer Millionen Euro in Kauf nahm, betonte er. „Da er dem chinesischen Bekannten Geld für den Verkauf verrechnet hat, ist außerdem von einer Bereicherung auszugehen“, strich der Staatsanwalt heraus.
Der Verteidiger des Mannes ging dabei von einer Summe von 30.000 bis 40.000 Euro aus, die der Mann in die eigene Tasche wirtschaftete. „Das Geld hat er, da er damals spielsüchtig war, einfach verspielt“, führte dieser aus. Sein Mandant fühle sich in dieser Sache jedenfalls „teilweise schuldig“, da er aus seiner Sicht „die Apotheke geschädigt hat“. „Er wusste allerdings nichts vom wahren Wert der Medikamente und damit vom Millionenschaden, den er durch sein Vorgehen verursacht hat“, betonte der Verteidiger.
Wie viele Packungen der Mann genau über seinen Bekannten nach Fernost verkauft hatte, blieb in der Verhandlung unklar. Offenbar wurden aber 450 Packungen retourniert, nachdem der Großhändler Anfang 2023 angesichts des bundesweiten Fehlbestandes und der ungewöhnlich hohen Liefermenge bei der Innsbrucker Apotheke nachgefragt hatte.
Auch der als Zeuge geladene chinesische Kunde des Mannes konnte in dieser Frage nicht wirklich Licht ins Dunkel bringen. Er berichtete hingegen davon, dass er „keine bestimmte Menge“ bestellte, sondern eben den Angeklagten bat, so „viel wie möglich zu bestellen“. Ob die Ehefrau des Täters die auf die Bestellungen folgenden „Szenen“ – der Chinese holte die Waren meist mit einem Kastenwagen ab – mitverfolgt habe, wusste er nicht zu beantworten. „Ich glaube aber eher nicht“, gab der Zeuge auf mehrfache Nachfrage seitens des öffentlichen Anklägers zu Protokoll.