Shop Apotheke wird Mehrheitseigner beim Schweizer Rx-Versender Mediservice – und holt gleichzeitig dessen Mutterkonzern Galenica als neuen Großaktionär an Bord. Zusammen wappnen sich die beiden Partner für den Marktumbruch.
Fünf Manager traten am Donnerstagnachmittag in Zürich vor Investoren und Presse, um den Pakt von Shop Apotheke und Galenica zu erklären. Vom „perfekten Match“ war die Rede, von einem „Meilenstein“ in der Geschichte der beiden Unternehmen und sogar von einem „Quantensprung“ für die Versorgung der Schweizerinnen und Schweizer. Shop Apotheke bringe das Knowhow im Bereich E-Commerce mit, Mediservice jahrzehntelange Erfahrung in der Chronikerversorgung.
Doch je länger sich die Präsentation hinzog, desto unspektakulärer klang das Ganze irgendwann. Keine Verzahnung der Aktivitäten, keine einheitliche Marke, keine gemeinsame Plattform. Mediservice organisiert weiter unter eigenem Namen am Standort in Zuchwil im Kanton Solothurn die Versorgung von Chronikern mit Hochpreisern und anderen Rx-Medikamenten, während Shop Apotheke auch in Zukunft vom fernen Sevenum aus Päckchen mit Gesundheits- und Körperpflegeprodukte in die Eidgenossenschaft verschickt. Jeder macht also auf eigene Rechnung weiter, nur der Gewinn wird dann ins gemeinsame Joint Venture gesteckt.
So gesehen macht der Deal erst einmal nur auf Konzernebene Sinn: Durch den Einstieg bei Mediservice kann Shop Apotheke den eigenen Rx-Umsatz – vom aktuell niedrigen Niveau aus – nahezu verfünffachen und nebenbei viel in Sachen Homecare und Specialty lernen. Galenica wiederum wird als Großaktionär von Shop Apotheke irgendwie zu einem internationalen Player – der Konzern ist zwar Beinahe-Monopolist in der Schweiz, doch außerhalb des eigenen Landes so gut wie unbekannt.
So richtig überspringen wollte der Funke trotzdem nicht, was wohl auch daran lag, dass viele Detailfragen unbeantwortet blieben: Weder wollten Stefan Feltens und Jasper Eenhorst, CEO und CFO von Shop Apotheke, verraten, wie viele Umsatz oder Gewinn oder auch nur Kunden in der Schweiz sie haben, noch ließen sie sich in die Karten blicken, was ihre Ziele für den Markt sind.
Und Galenica-Finanzvorstand Felix Burkhard verstieg sich sogar zu der These, dass man mit der verbleibenden 49-prozentigen Beteiligung im Grunde ja Mehrheitseigner bei Mediservice bleibe, weil man sich über das 8-prozentige Aktienpaket an Shop Apotheke quasi noch einmal 4 Prozent zurechnen könne. So richtig partnerschaftlich klang das noch nicht.
Irgendwann während der Fragerunde ließ Galenica-CEO Marc Werner dann doch noch die Katze aus dem Sack: Im Grunde sei das ganze Projekt auf die anstehende Liberalisierung des OTC-Marktes 2025 oder 2026 ausgelegt. Bislang muss nämlich in der Schweiz auch bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ein Rezept vorliegen, damit diese verschickt werden dürfen. Vor einigen Jahren scheiterte Zur Rose mit einer Klage gegen diese Regelung vor dem Bundesgericht.
Warum er denn so sicher sei, dass die Politik den OTC-Versandhandel tatsächlich freigebe, wollte ein Analyst von Werner wissen. Weil es eine Regierungserklärung dazu gebe und die Diskussionen im Parlament bereits in Gang kämen, so der Galenica-CEO.
Zwar war während der Präsentation auch mehrfach von Omnichannel-Konzepten die Rede, also der Kombination von Versandhandel und den 500 Kettenapotheken vor Ort. Doch laut Werner ist es wichtig, dass man sich angesichts der hohen Kosten im stationären Geschäft nicht selbst die Margen ruiniert. Insofern ist zunächst keine Verzahnung der beiden Geschäftsbereiche geplant – zumal Galenica auch weiterhin Geschäft mit dem künftigen Mutterkonzern des Konkurrenten Zur Rose, nämlich der Supermarktkette Migros, machen will.
Und Shop Apotheke? Feltens freut sich darauf, über Galenica endlich auch Schweizer Produkte anbieten zu können. Sollte der OTC-Versand tatsächlich zugelassen werden, wäre dies von entscheidender Bedeutung. Mit Kampfpreisen antreten wird man aber auch dann wohl vorerst nicht: Der Preis sei ein wichtiges, aber nicht das einzige Kaufkriterium, so Feltens mit Verweis auf den deutschen Markt.
Shop Apotheke und Galenica sichern sich also gegenseitig eine wichtige Flanke. So gewinnt der gerne strapazierte Begriff des Ökosystems eine ganz neue Bedeutung.
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