Österreich

Versandapotheken ohne Preiswettbewerb Julia Pradel, 27.07.2015 10:08 Uhr

Berlin - 

Der Start des Versandgeschäfts in Österreich verläuft erwartungsgemäß ruhig. Einen Online-Shop bieten einen Monat nach dem Start des Versands fünf Apotheken an. „Wir haben das ganz unaufgeregt über die Bühne gebracht“, ist Kammerpräsident Max Wellan zufrieden. Die Versender selbst sind nicht so glücklich mit der Ruhe und beklagen zu strenge Regelungen.

Apotheken aus dem EU-Ausland dürfen bereits seit 2003 in Österreich zugelassene Arzneimittel in das Land versenden. Den österreichischen Apotheken selbst war das bisher untersagt. Seit dem 25. Juni ist der Versandhandel für OTC-Präparate auch für sie erlaubt. Rezeptpflichtige Medikamente, Tierarzneimittel und Rezepturen dürfen aber auch weiterhin nicht verschickt werden.

Apotheken, die Arzneimittel verschicken wollen, müssen dies dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) melden. Sie dürfen Arzneimittel nur in üblichen Mengen verschicken und keine Mindestbestellmengen vorschreiben. Die Webshops müssen außerdem das EU-Versandlogo aufweisen. „Das Gesundheitsministerium hat dankenswerterweise klare Regeln erlassen – und die scheinen zu funktionieren“, so Wellan.

Bei der Apothekerkammer rechnet man nicht damit, dass die Vor-Ort-Apotheken durch den Versandhandel Marktanteile verlieren: „Wir nehmen nicht an, dass es zu Verschiebungen kommt – die wenigen, die Interesse daran hatten, im Internet zu bestellen, konnten das früher schon bei deutschen oder tschechischen Versandapotheken tun“, erklärt Wellan.

Das bestätigt Silvio Schachner, kaufmännischer Leiter der Versandapotheke der Rupertus-Apotheke seiner Mutter Adelrun Schachner: „Das Geschäft läuft langsam an. Die deutsche Konkurrenz, die vorher schon aktiv war, hat sich einiges am Markt weggeschnappt.“ Danach gefragt, welchen Anteil das Versand- an seinem Apothekengeschäft hat, kann Schachner nur „keinen“ antworten. Er hofft darauf, dass sich die Lage bald verbessert – wie Wellan hat er den Start aber nicht anders erwartet.

Der Apotheker kritisiert die strengen Vorgaben in Österreich. Werbemaßnahmen beispielsweise seien sehr schwierig, da man keine Preiswerbung für Arzneimittel mach dürfe, so Schachner. Er dürfe beispielsweise auf der Internetseite nur die Listenpreise nennen und keine Rabatte ausweisen. „Das ist ein Vorteil für die Konkurrenz aus Deutschland“, moniert Schachner.

Die Regelung scheint ihren Zweck zu erfüllen – ein Preiskampf ist in Österreich nicht ausgebrochen: „Es gibt natürlich Anfangsrabatte und Kennlern-Angebote – aber im Rahmen des Erwarteten, und nicht so, dass wir Diskussionen hätten“, so Wellan.

Schachner verkauft bislang vor allem Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel (NEM) über die Versandapotheke. „Das ist mindestens so interessant wie Arzneimittel, wenn nicht sogar interessanter.“ Die Rupertus-Apotheke hat eine eigene Kosmetik- und NEM-Marke und will diese Produkte nun verstärkt über das Internet vertreiben – vor allem an Kunden aus Deutschland. „Das ist eine Chance für uns, schließlich verkaufen die deutschen Versandapotheken auch bei uns“, findet Schachner.

Wellan sieht den Versandhandel im Ganzen eher kritisch, besonders mit Blick auf Arzneimittelfälschungen aus dem Internet. „Die Wissenslage bei den Verbrauchern ist dürftig, das Versandhandelslogo noch gar nicht bekannt.“ Apothekerkammer und -verband haben deshalb gleich zwei Kampagnen gestartet, um auf das Problem Fälschungen und die Regelungen zum Versand aufmerksam zu machen. „Unsere Kampagne www.auf-der-sicheren-seite.at trägt natürlich zu einer differenzierten Sicht des Themas bei“, so Wellan.

Allerdings kann er der Freigabe auch etwas positives abgewinnen: „Es ist eine positive Entwicklung, wenn die Apotheken vor Ort ihre Serviceleistungen verbessern.“ Diese – wie etwa die Zustellung im Notfall – wolle die Kammer fördern, so Wellan auch mit Blick auf das Bestellportal Apodirekt und neue App, mit der Patienten auf Beipackzettel und eine Liste aller Apotheken zugreifen können. „Aber wir sind der Meinung, dass sich Arzneimittel für den anonymen Versandhandel nicht eignen.“

Entscheidend ist für Wellan der persönliche Kontakt zwischen Kunde und Apotheker – der könne sinnvollerweise ergänzt werden durch Telefonate, Social Media oder E-Mails. „Die Grenze ist die Anonymität. Die passt nicht zu unserem Berufsbild, das geprägt ist durch Nahversorgung und persönliche Beratung. Und offensichtlich sehen das die österreichischen Apotheken und Kosumenten genauso“, ist Wellan zufrieden.

Der Kammerpräsident ist überzeugt, dass sich der Versandhandel nicht durchsetzt: „Ich bin mir sicher, dass ich erleben werde, dass der Versand von Arzneimitteln wieder verboten wird.“ Bereits 1852 sei das Hausirgeschäft mit Arzneien verboten, dann Anfang des 20. Jahrhunderts erlaubt, anschließend wieder verboten worden. „Medikamente eignen sich einfach nicht dafür – ebenso wenig wie Hundewelpen, Feuerwerksartikel, Gifte, Sprengmittel und Waffen.“

Derzeit bieten fünf Apotheken einen Versandhandel an: neben der Rupertus-Apotheke aus Stumm im Zillertal die Albarelli-Apotheke in Wien (apothekenlieferservice.at), die Apotheke der Barmherzigen Brüder in Linz, die Urania-Apotheke in Wien (beavit.at) und die Auge Gottes Apotheke in Wien. Weitere sechs Apotheken haben eine Versandhandelserlaubnis, verkaufen auf ihren Internetseiten aber noch keine Arzneimittel.