Kritik aus der Ärzteschaft

Österreich versäumt Beschaffung von RSV-Prophylaxe Katharina Brand, 24.07.2024 09:23 Uhr

In Österreich wird es in der Saison 2024/2025 keine RSV-Prophylaxe für Säuglinge geben. Foto: Dmitry Naumov/stock.adobe.com
Berlin - 

Deutschland, Belgien, Irland, Portugal: Diese Länder haben laut Sanofi in den letzten Wochen ein Immunisierungsprogramm mit Nirsevimab für die kommende RSV-Saison vertraglich fixiert. Österreich fehlt; die Regierung hat die Beschaffung versäumt. Dafür wird von Seiten der Ärzteschaft in erster Linie Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) scharf kritisiert.

„Von Seiten der österreichischen Politik haben wir bis dato leider keine Bestätigung zur Finanzierung von Nirsevimab für die kommende Saison erhalten“, bestätigt Sanofi. „Aufgrund der hohen Nachfragen, die in den anderen Ländern bereits fixiert wurden, können wir Nirsevimab in der kommenden Saison in Österreich leider nicht anbieten.“

Allerdings arbeite Sanofi daran, Österreich Nirsevimab für die Saison 2025/2026 zur Verfügung stellen können.

Kritik aus der Ärzteschaft

„Die vergangenen Erkältungssaisonen haben gezeigt, dass RSV auf dem Vormarsch ist und vor allem für Säuglinge schwere gesundheitliche Folgen mit sich bringen kann, die lebensbedrohlich sein können“, erklärt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer. Mit der RSV-Prophylaxe hätte Österreich während der Erkältungssaison Säuglinge wirksam und sicher schützen können.

„Der Gesundheitsminister hat aus dem Fiasko des vergangenen Winters beim Corona-Medikament Paxlovid leider überhaupt nichts gelernt und die Bestellung verschlafen. Wir Ärztinnen und Ärzte haben eindringlich davor gewarnt, dass Österreich auf den Herbst wieder nicht ausreichend vorbereitet ist“, kritisiert Steinhart.

Deutschland als Vorbild

Aufgrund des Fiaskos um die RSV-Immunisierung fordert die Ärztekammer Wien nun einen Automatismus nach deutschem Vorbild: „Mit dem Nationalen Impfgremium (NIG) steht uns ein ausgezeichnetes Expertenkomitee, ähnlich der deutschen Stiko, zur Verfügung. Leider sind die Impfempfehlungen dieser Kommission bei uns nicht verbindlich“, bedauert Steinhart. Denn: Nach jeder Empfehlung müssen politischer Wille und Finanzierung verhandelt werden, was viel Zeit kostet und die Umsetzung verzögert.

„Wir fordern einen Automatismus wie in Deutschland, der Expertenempfehlungen für Impfungen ernst nimmt und diese kostenlos und rasch der Bevölkerung zur Verfügung stellt. Die kommende Bundesregierung muss den rechtlichen Rahmen dafür schaffen“, appelliert der Ärztekammer-Präsident. Dem stimmt auch Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Obfrau der Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für Wien, zu. „Mit einem Automatismus wie in Deutschland, unter fachlicher Expertise des Nationalen Impfgremiums, könnte ein Fiasko wie dieses in der Zukunft verhindert werden.“