„Haben Sie je einen positiven Apothekentest erlebt?“ Julia Pradel, 29.08.2014 14:32 Uhr
Die Apotheker in Österreich rüsten sich für die Zulassung des Versandhandels: Ende April haben sie das Apotheken-Portal „APOdirekt“ gestartet, über das Patienten online Arzneimittel vorbestellen können. Der Verein für Konsumenteninformation, der sich als Äquivalent zur deutschen Stiftung Warentest im Jahrestakt mit den Apotheken beschäftigt, spricht von Abzockerei.
Auf dem Portal können Patienten ein Präparat auswählen und bei einer der teilnehmenden Apotheken reservieren. Die Patienten erhalten dann eine Rückmeldung von der Apotheke und können die Arzneimittel innerhalb von sieben Tagen abholen. Auf der Internetseite werden die amtlich festgesetzten Höchstpreise beziehungsweise die vom Hersteller empfohlenen unverbindlichen Preise aufgeführt. Die tatsächlichen Preise erfahren die Nutzer in der Apotheke, dort kommt auch der Kaufvertrag zustande.
Besonders die Suchfunktion kommt bei den Testern schlecht weg: Das System zeige „deutliche Schwächen“ bei der Suche nach einem bestimmten Wirkstoff, so die Tester. Gebe man etwa Bisacodyl oder Cetirizin in die Suchmaske ein, liefere die Webseite keine Ergebnisse – obwohl es Medikamente mit diesen Wirkstoffen gebe.
Bei der Suche nach einem Wirkstoff werde in anderen Fällen, wie zum Beispiel Ibuprofen, nur ein Präparat angezeigt – das teure Original Aktren von Bayer. Unter dem Sammelbegriff Schmerzmittel seien aber auch andere Ibuprofen-Präparate gelistet. „Da keimt der Verdacht der Abzockerei auf“, so die Verbraucherschützer. Ins Bild passt aus Sicht der Tester, dass teilweise Generika nicht gelistet seien und somit auch nicht reserviert werden könnten. Das Thema OTC-Generika beschäftigte die Verbraucherschützer bereits 2012.
Viktor Hafner, Vizepräsident der Wiener Apothekerkammer und Leiter des Projektes, betont, dass die Suchfunktion laufend verbessert werde. Sobald die Hersteller die benötigten Informationen zu ihren Produkten melden, würden die Daten eingepflegt. Derzeit seien rund 11.000 Produkte gelistet.
Eine echte Wirkstoffsuche sei zunächst gar nicht geplant gewesen, sagt Hafner mit Blick auf die Kritik der Verbraucherschützer. „Aber wir nehmen das gern auf.“ Gut funktioniert aus Sicht der Verbraucherschützer bereits die Suche nach bestimmten Marken. Dabei würden auch Varianten angezeigt, sodass man etwa zwischen verschiedenen Darreichungsformen wählen könne.
Die Suche nach der nächsten Apotheke kommt bei den Testern ebenfalls gut weg: Praktischerweise biete das System eine Liste der nächstgelegenen Apotheken an. Außerdem könne man eine Postleitzahl eingeben und es würden die Apotheken im Umfeld angezeigt.
Von vier von fünf Apotheken erhielten die Tester die angekündigte Rückmeldung, von der schnellsten nach 22 Minuten und der langsamsten nach viereinhalb Stunden. Die fünfte Apotheke meldete sich nicht auf die Internetreservierung.
Damit ist Hafner sehr zufrieden: „Dass eine Apotheke innerhalb von 22 Minuten antwortet, ist genial.“ Er freut sich besonders über die große Resonanz der Apotheken auf das Projekt. Inzwischen beteiligten sich 760 Apotheken an APOdirekt – mehr als die Hälfte der insgesamt 1340 Apotheken in Österreich. Er habe vor Start des Projektes mit rund 400 Apotheken gerechnet.
Beim Test der Verbraucherschützer kommen die Apotheken auch in Sachen Beratung nicht gut davon: „An den auf der APOdirekt-Homepage angesprochenen Beratungsvorteil darf man allerdings nicht allzu viele Erwartungen knüpfen“, so die Tester. Lediglich in einer Apotheke seien sie gefragt worden, ob sie sich mit der Anwendung des Präparates auskennen. Diese Apotheke habe aber statt des georderten Chlorhexamed-Sprays eine Chlorhexamed-Spüllösung verkauft.
Das sieht Hafner gelassen: „Haben Sie je einen positiven Apothekentest erlebt?“ Mit dem Test des Vereins für Konsumenteninformation, der aus Hafners Sicht immer sehr kritisch Apotheken und Händlern gegenüber ist, ist er insgesamt zufrieden. „Das war die Feuertaufe.“
Das Portal werde weiterhin laufend evaluiert und optimiert, so Hafner. Im Herbst soll eine große Werbekampagne starten. Ende Juni hat die EU-Kommission den Weg für ein einheitliches Logo für Versandapotheken frei gemacht. Laut Hafner haben die EU-Staaten nun ein Jahr Zeit, die Regelung in nationales Recht umzusetzen. Spätestens Ende Juni 2015 wird somit in Österreich eine Verordnung in Kraft treten, die Versandapotheken erlaubt.