Schnellstraße soll Hausapotheke retten Julia Pradel, 13.01.2016 15:19 Uhr
Die Bedarfsplanung für Apotheken sorgt in Österreich immer wieder für Diskussionen – aktuell in der Marktgemeinde Lasberg in Oberösterreich. Dort kämpft ein Arzt um sein Dispensierrecht. Denn eigentlich ist seine Praxis 36 Meter zu nah an der nächsten Apotheke. Ohne die zusätzlichen Einnahmen aus der ärztlichen Hausapotheke sei es aber unmöglich, einen Nachfolger zu finden, argumentiert der Mediziner. Ausgerechnet eine Schnellstraße soll die Lösung sein.
Gemeindearzt Dr. Helmut Czekal ist seit mehr als 40 Jahren in Lasberg tätig. Inzwischen ist er 70 Jahre alt und will in Pension gehen – eigentlich schon seit einigen Jahren. Doch noch streitet er um den Erhalt seiner Hausapotheke. Denn die würde mit seiner Pensionierung geschlossen. Aber: „Ohne Hausapotheke wird sich kein Nachfolger finden“, gab sich Czekal gegenüber Medien überzeugt. Er versorgt auch das Seniorenheim des Ortes mit Arzneimitteln.
Bei dem Streit geht es um die 2006 zwischen Ärzte- und Apothekerkammer neu verhandelte Novelle des Arzneimittelgesetzes: Demnach laufen Hausapotheken, die weniger als sechs Kilometer von der nächsten Apotheke entfernt sind, mit der Pensionierung des Arztes aus. Die Arzneimittelversorgung übernehmen stattdessen eine öffentliche Apotheke oder eine Filialapotheke.
Damit entgehen den Ärzten allerdings die Einnahmen aus der Hausapotheke – und die können bis zu 30 Prozent ihrer Gesamteinnahmen ausmachen. Und tatsächlich hat sich bislang kein Nachfolger für Czekal gefunden. Noch hält er die Praxis mit seinem Sohn Dominik und einer Kollegin aufrecht – im Juli will er aber endgültig in Rente gehen.
Sein Sohn und die Kollegin sollten eigentlich eine Gemeinschaftspraxis gründen, sagte Czekal gegenüber der Bezirksrundschau. Ohne Hausapotheke sei die kleine Arztpraxis aber uninteressant. „Mein Sohn würde nach Schweden gehen, wo er sofort eine Praxis übernehmen könnte“, kündigt Czekal an.
Die Gemeinde befürchtet daher nicht nur den Verlust der Hausapotheke, sondern auch der Praxis. Deshalb hat Lasberg eine Petition für die Beibehaltung der Hausapotheke verfasst, die innerhalb weniger Wochen von rund 1000 Bürgern unterzeichnet wurde. In der Petition wird gefordert, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass es weiterhin eine Hausapotheke in Lasberg geben kann.
„Die Position eines Gemeindearztes ist nicht sehr attraktiv, aber wichtig“, so Bürgermeister Josef Brandstätter. Aus seiner Sicht sollten Gemeindeärzte deshalb Hausapotheken führen dürfen, schließlich profitierten nicht nur die Ärzte selbst, sondern auch die Patienten, denen lange Wege erspart blieben. Allerdings: Weder die Unterschriftenaktion noch Interventionen beim Landeshauptmann und Schreiben an die zuständigen Politiker in Wien haben bislang Wirkung gezeigt.
Die Präsidentin der oberösterreichischen Apothekerkammer, Angela Mursch-Edlmayr, hatte sogar einen Kompromiss vorgeschlagen: Solange keine andere Apotheke im Umkreis errichtet werde, dürften in der Praxis weiterhin Arzneimittel abgegeben werden. Doch das war den Medizinern nicht genug. Brandstätter erklärt, dass die Zusage, keinen Einspruch gegen die Hausapotheke einzulegen, nicht ausreiche, um sie zu genehmigen.
Brandstätter setzt nun auf eine Neuberechnung der Entfernung. Denn zuletzt wurde der Weg über den Marktplatz berechnet, inzwischen wurden aber die Arbeiten an einer Schnellstraße abgeschlossen. „Der Marktplatz ist außerdem häufig wegen Veranstaltungen gesperrt“, fügt der Bürgermeister hinzu. Über die Umgehungsstraße ist die nächstgelegene Apotheke zwar schneller zu erreichen – die Strecke wäre aber eine längere: Die Entfernung zwischen der Apotheke Jaunitzbach im benachbarten Freistadt würde auf 6,2 Kilometer wachsen.
Alternativ müsse über verkehrsrechtliche Maßnahmen nachgedacht werden, so Brandstätter. Eine Straße in Privateigentum umzuwandeln, wie zuletzt in Mooskirchen geschehen, hält der Bürgermeister in der Innenstadt aber für „zu extrem“. Auch ein Neubau für die Praxis könnte ein letzter Ausweg sein. „Wir ziehen jede Variante in Betracht.“