Doppeladler hier, Sisi-Konterfei da – wer nach Bad Ischl kommt, glaubt sich mitunter in die Zeit der Regentschaft von Kaiser Franz Josef I. und Kaiserin Elisabeth zurückversetzt. Der in der Nähe des Wolfgangsees liegende Ort wurde als Sommerresidenz der Kaiserfamilie berühmt und zehrt noch immer vom alten Glanz. Ein ganz besonderer Ort, um etwas vom damaligen Flair zu erschnuppern, ist die Kur-Apotheke. Doch auch wenn man dort die Tradition ehrt, steht vor allem die Zukunft der Apotheke in Fokus des Inhabers Heimo Hrovat.
Als Altherzog Ludwig ab 1804 seine Sommer in Ischl verbrachte, wollten die kaiserlichen Hoheiten auch am Land nicht auf die gewohnten Rezepturen verzichten. Und so wurde 1807 die Apotheke zu Ischl als Dependance der Wiener Hofapotheke eröffnet. 1890 erhielt sie vom Kaiser Franz Josef I., der das Riesenreich ab Sommer 1849 von dem oberösterreichischen Kurstädtchen aus regierte, das begehrte Prädikat „k.u.k- Hoflieferant“. Ein Gütesiegel, das bis heute nur von einem weiteren Bad Ischler Betrieb getragen werden darf: der Konditorei Zauner.
Etwa zur selben Zeit avancierte der Ort zum mondänen Kurbad. Die Gicht und Rheuma heilenden Ischler Solebäder standen im 19. Jahrhundert bei der feinen Gesellschaft von Wien hoch im Kurs. Ein einschneidendes Ereignis für die Zukunft des Kurortes war der Aufenthalt von Erzherzogin Sophie und ihrem Mann Franz Karl. Die beiden machten sich auf Anraten des Hofarztes Franz Wirer nach Ischl auf. Die dortige Kur war so erfolgreich, dass sich bei der bislang kinderlosen kaiserlichen Familie bald darauf der ersehnte Nachwuchs einstellte.
Wenn die Mitglieder der Herrscherfamilie und die Blaublütigen, die Künstler und die „Adabeis“ Wehwehchen plagten, mischten die Pharmazeuten am Kreuzplatz ein passendes Gegenmittel. Und die extrem auf ihre Schönheit bedachte Kaiserin wurde von der Apotheke mit Cremes und edlen Teemischungen versorgt. Wenn der Laborant der Apotheke, ein gewisser Herr Adamec, sein Wagerl durch den Ort schob, war es wieder so weit: Sisi wollte ihre bodenlange Haare waschen. Etwa zweimal in der Woche benötigte sie dafür fünf Liter destilliertes Wasser mit Rosenzusätzen aus der Apotheke.
Die Mitarbeiter der Apotheke haben auch später zahlreiche prominente Kunden begrüßt. Heinz Rühmann soll öfter in der Apotheke aufgetaucht sein. Auch der österreichische Schauspieler Theo Lingen zählte zu den Stammkunden.
Seit Mitte der 1930er-Jahre wird die Kur-Apotheke von der Familie Hrovat geführt, seit sechs Jahren in vierter Generation von Heimo Hrovat. Bis heute fühlt man sich hier der Tradition verbunden. Nicht nur die Kurgäste, sondern auch viele Touristen, die auf den Spuren von Franz und Sisi nach Bad Ischl reisen, kommen in die Kurapotheke, um dort vor allem einer der zahlreichen Hausspezialitäten zu erwerben.
Manche Rezepturen für Seifen oder Badezusätze, Schweden- oder Haustropfen stammen noch aus der Kaiserzeit, wurden aber den heutigen Ansprüchen angepasst. Ohnehin ist Salz mit der Geschichte von Bad Ischl untrennbar verbunden. Als Heilmittel und als Mitbringsel findet sich hier Natursteinsalz aller Geschmacksrichtungen. Zum Würzen, als Bestandteil von Cremes, Peelings und Duschgels sowie als wohltuende Salzbäder. Im nostalgischen, aber keinesfalls kitschigen Design werden die Sisi-Produkte präsentiert. „Die Kaiserin war bekannt für ihr Streben nach Schönheit“, erklärt Hrovat. „Vor allem Touristen aus dem asiatischen Raum sind geradezu fanatisch, was Sisi betrifft.“
Doch Hausspezialitäten dienen nicht nur dem Kaiserkult, sondern sind für die Apothekerfamilie ein hoch geschätzter Bestandteil des Apothekerwesens, der verloren zu gehen droht. Deshalb hatte sich der Vater des jetzigen Inhabers, Heimo Hrovat senior, dafür eingesetzt, dass sie in die nationale Liste des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen werden. Unterstützt wurde er dabei von rund 400 anderen Apothekern. Rund ein Jahr vor seinen unerwarteten Tod hat es der Pharmazeut tatsächlich geschafft: Seit 2010 gehören die rund 200 Hausspezialitäten der Kur-Apotheke zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe.
Die Produkte machen nicht nur die Vergangenheit der Kur-Apotheke aus, sondern sind auch ein wichtiger Teil der Zukunftsstrategie. „Wir haben unser Hausspezialitäten-Sortiment bereits in den vergangenen Jahren ausgebaut“, sagte der 42-jährige Apotheker. So habe man eine eigene hochwertige Kosmetik- und Pflegelinie ins Lebens gerufen. Jährlich sollen ein bis zwei neue Produkte hinzukommen.
„In der Vergangenheit kamen die Kunde von allein in die Apotheke. Jetzt müssen wir sie locken“, erklärt Hrovat. Und das sei alles andere als trivial. „Homöopathie, Bachblüten, Nahrungsergänzungs- oder Naturheilmittel sind schon längst kein Alleinstellungsmerkmal. Das hat so gut wie jede Apotheke.“ Es müsse deshalb gelingen, die Apotheke als ein Ort nicht nur für Kranke, sondern auch für die Gesundheit und persönliches Wohlbefinden zu etablieren. Das will man in der Kur-Apotheke mit qualitativ und optisch hochwertigen Hausspezialitäten erreichen, wobei nicht mehr die Kaiserin Sisi, sondern das Label der Kur-Apotheke im Vordergrund stehen soll.
Eines dieser Spezialprodukte und laut Hrovat ein echter Verkaufsschlager ist der Liquor Apothecarum, der vor 20 Jahren vom Großvater Ernst, Vater Heimo und Onkel Horst kreiert wurde. Ursprünglich sollte dieser Rum nur ein Geschenk des Hauses sein, doch bald war die Nachfrage so groß, dass der Apotheker-Rum bald unter unter dem Namen „Rum nach Horst“ über den HV-Tisch ging.
Diesen Namen musste man im vergangenen Jahr aber ändern. Denn die EU hat eine neue Kennzeichnungsverordnung beschlossen, wonach Rum ein Getränkt aus der Karibik oder aus Südamerika und eben nicht aus Österreich ist. „Rum nach Horst“ musste umbenannt werden. „Wir haben etwa 1,5 Jahre nach dem richtigen Namen gesucht“, berichtet der Apotheker. Am Ende hat man sich auf den lateinischen Namen „Liquor Apothecarum“ geeinigt. Im Namen ist alles beinhaltet: der Likör, die Apotheke und sogar der Rum kommt versteckt vor.
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