Die einzige Apotheke im österreichischen St. Lambrecht ist in Gefahr. Nach inzwischen jahrelangem Streit hat der Vermieter, ein Benediktinerkloster, Inhaber Dieter Gall die Kündigung ausgesprochen. Rechtsgültig ist sie wohl nicht – dennoch ist die Zukunft der Stifts-Apotheke ungewiss.
Die Stifts-Apotheke gibt es seit etwa 350 Jahren. Schon immer befand sie sich im Klostergebäude; lange wurde sie vom Stift geführt. Seit schätzungsweise einem Jahrhundert übernehme das ein Apotheker als Mieter, sagt Gall. In die jetzigen Räumlichkeiten sei sie vor etwa 60 Jahren umgezogen. Lange Zeit gab es keine Probleme, doch seit etwa fünf Jahren streitet der Apotheker mit seinen Vermietern. Dabei geht es aus seiner Sicht um Kleinigkeiten: Plötzlich störte sich der Stift am Apotheken-A, einer Klingel für Rollstuhlfahrer und am Lieferverkehr.
Gall steht zwischen den Fronten: „Die Apotheke befindet sich in einem Spannungsfeld der Anforderungen des Bundesdenkmalamts, der Aufsichtsbehörde Murau und unserem Vermieter – dem Stift“, erklärt er. Zwar versuche er, allen gerecht zu werden, doch die Auflagen stehen sich teilweise entgegen.
So ist Gall in der Pflicht, an der Apotheke ein Schild mit dem Apotheken-A anzubringen. „Wir könnten die Apothekenberechtigung verlieren, wenn wir darauf verzichten“, sagt er. Dem Stift war die direkt an der Klostermauer angebrachte Kennzeichnung aber nicht recht: „Die Patres wollen das nicht in dieser Form.“ Was sie stattdessen akzeptieren könnten, hätten sie ihm nicht mitgeteilt. Gall hat das Apotheken-A inzwischen abmontiert.
Den Stift stört auch eine Klingel im Stiftsdurchgang neben der Apotheke. Dort können beispielsweise Rollstuhlfahrer läuten, damit eine Rampe über die Eingangsstufen der Apotheke gelegt wird. Ein Schild weist auf die Klingel hin. Der Stift bestehe darauf, dass sie und das Schild entfernt würden, berichtet Gall. Barrierefreiheit ist den Apotheken jedoch vorgeschrieben: Bis jetzt ist daher beides geblieben.
Ein weiterer Streitpunkt mit den Vermietern ist die Poststelle, die in der Apotheke eingerichtet wurde. Die Patres störe es, dass der Apotheker ihnen das zuvor nicht mitgeteilt habe. „Eine Poststelle in der Apotheke ist in der Betriebserlaubnis geregelt; ich kann doch nicht jeden Punkt der Ordnung mit den Vermietern klären“, so Gall. Das Kloster habe sich beschwert, weil die Stiftszufahrt von Postautos und Großhändlern blockiert werde, sagt er. „Es gibt aber keine andere geeignete Parkmöglichkeit.“
Im Juni 2015 hatte das Stift ihm schließlich die Kündigung ausgesprochen – zum Jahresende hätte die Apotheke ausziehen sollen. Aber im Mietvertrag verzichtet das Kloster explizit auf ein Kündigungsrecht – außer aus wichtigen Gründen.
Warum der Stift sich so verhält, kann sich Gall nicht erklären. Seinen Kunden und der Gemeinde gehe es ähnlich. Gall hat Bürgermeister Fritz Sperl informiert, als bei ihm die Kündigung einging. Der hatte versucht, zu vermitteln: „Die Apotheke ist für die medizinische Versorgung und als Arbeitgeber in St. Lambrecht wichtig“, sagt Sperl. Daher stehe er hinter dem Inhaber.
Über einen Umzug hat er nachgedacht. Doch das wäre nicht nur teuer, sondern auch schwierig: Im Ort St. Lambrecht, der nur 1900 Einwohner hat, gibt es wenige Räumlichkeiten, die alle Betriebsauflagen erfüllen könnten. Derzeit hat die Stifts-Apotheke 360 Quadratmeter zur Verfügung und stellt selbst traditionelle Teemischungen und Kräutertropfen her. Diese werden in Österreich und Deutschland verkauft. „Wenn wir etwa Geschäftsräume mit bloß 120 Quadratmetern hätten, dann müssten wir unser Spektrum vielleicht auf die Arzneimittelabgabe einschränken.“ Ob er dann weiterhin 18 Mitarbeiter beschäftigen könnte, bezweifelt der Inhaber.
Die Kündigung des Stifts hat er ignoriert. Somit ist die Apotheke bislang im Stift geblieben. Aber die Januarmiete hat das Kloster an Gall zurück überwiesen. Er will nun erst einmal abwarten, was die nächsten rechtlichen Schritte seines Vermieters sind. Der habe mit einer Räumungsklage gedroht.
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