Hausapotheken: FPÖ warnt vor DDR-Zuständen Lothar Klein, 07.04.2016 12:43 Uhr
Im österreichischen Parlament regt sich Widerstand gegen die Absicht der Regierung, die ärztlichen Hausapotheken zu stärken. Die Opposition sieht dadurch nicht nur die Existenz der Apotheken gefährdet. Hausapotheken seien vielmehr nur ein Zwischenschritt in ein staatliches Gesundheitswesen à la DDR. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FPÖ, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, hat deswegen zu einem Runden Tisch eingeladen.
Weil die Regierung den niedergelassenen Bereich über Jahre ausgehungert und keine Unterstützung zugelassen habe, glaube man jetzt einfach, durch eine Vermehrung der Hausapotheken und damit einem „Nebenerwerb“ das Überleben der allgemeinmedizinischen Praxen sichern zu können, so Belakowitsch-Jenewein. „Das ist der falsche Weg. Den Schaden, den SPÖ und ÖVP durch ihre Gesundheitspolitik im niedergelassenen Bereich angerichtet haben, werden sie so nicht sanieren, dafür aber die Apotheken ruinieren.“
Als Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Parlament hat Belakowitsch-Jenewein für den 13. April zu einem „Runden Tisch“ geladen. „Dort soll mit Vertretern aller Parteien, des Gesundheitsministeriums, der Apotheker- und der Ärztekammer die Sachlage diskutiert werden“, kündigt sie an. Es entstehe allerdings der Eindruck, dass hinter dem geplanten Gesetz zu Lasten Dritter, der Apotheken, mehr stecke als nur der völlig untaugliche Versuch einer Symptombekämpfung.
„In Wahrheit zielt die sozialistische Gesundheitspolitik nur auf eines ab: die Einführung eines Gesundheitswesens à la DDR, wo alles verstaatlicht ist. Das ist der politische 'Overhead' der roten Gesundheitspolitiker", so Belakowitsch-Jenewein. Auch die Ärzte sollten sich daher nicht zu früh freuen: „Der Hausapothekenschmäh ist nur ein Zwischenschritt zur Übertragung der Hausapotheken an die Primary Health Care Center.“
Die österreichische Regierungskoalition aus SPÖ und ÖVP will mit einem Gesetzesvorstoß den Fortbestand der ärztlichen Hausapotheke sichern. Dadurch sollen 130 der rund 900 Hausapotheken erhalten bleiben, die sonst nach geltender Rechtslage schließen müssten. Zudem soll die Gründung neuer Hausapotheken erleichtert werden.
Bislang sind ärztliche Hausapotheken im Umkreis von vier bis sechs Kilometer zu einer „normalen“ Apotheke nicht erlaubt. Die Neuerung sieht vor, dass in flächenmäßig großen Gemeinden, in denen jetzt schon eine Apotheke vorhanden ist, in Zukunft ein Arzt auch unterhalb von sechs Kilometern eine Hausapotheke betreiben darf.
Die zweite Neuerung betrifft die sogenannte Nachfolgeregelung. Für bestehende Hausapotheken von Ärzten gilt künftig, dass sie in einem Abstand von vier Kilometern zu einer öffentlichen Apotheke bestehen bleiben können. Bisher lag die Entfernung bei sechs Kilometern. Davon sollen rund 115 Hausapotheken profitieren.
Von dieser Lockerung verspricht sich die SPÖ/ÖVP-Koalition größere Anreize für Ärzte, sich in einer Landpraxis niederzulassen. Ebenso wie in Deutschland zeichnen sich in Österreich Probleme in der ambulanten medizinischen Versorgung ab.
Die Österreichische Apothekerkammer sieht die Apotheken in ihrer Existenz gefährdet. Der Verstoß verhindere in größeren und wachsenden Gemeinden die Neueröffnung von öffentlichen Apotheken und Filialapotheken, sodass die Bevölkerung in diesen Orten auf das umfangreiche Angebot und die vielfältigen Serviceleistungen einer Apotheke verzichten müsse. Der Initiativantrag bedeute daher einen Rückschritt in der Patientenversorgung.
In den 1360 Apotheken in Österreich beraten knapp 6000 Apotheker die Bevölkerung in Gesundheitsfragen. In einer Apotheke lagern durchschnittlich 6000 verschiedene Arzneimittel, in Summe 20.000 Arzneimittelpackungen.