Österreich

Eine Apotheke für Richard Lugner

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Berlin -

Seit 24 Jahren hat der österreichische Bauunternehmer Richard Lugner versucht, eine Apotheke in seinem Einkaufszentrum „Lugner City“ in Wien unterzubringen. Nun wurde sein Wunsch erfüllt: Ende April hat die Apotheke eröffnet. Damit verfügt auch das letzte große Einkaufszentrum in Österreich über eine Apotheke. Dafür hat Lugner die benachbarten Apotheker einbezogen, eine Kundenbefragung durchgeführt und die Konzession durch alle Instanzen verteidigt.

Die Lugner City wurde 1990 eröffnet, damals als das siebtgrößte Einkaufszentrum in Österreich. Lugner nutzte eine Marktlücke: Während alle anderen Zentren am ersten Samstag des Monats öffneten, war die Lugner City am zweiten Samstag geöffnet – und so „strömten die Kunden am 2. Samstag in Scharen zu uns“. Inzwischen umfasst die Lugner City rund 25.000 Quadratmeter, darüber liegen auf insgesamt 11.000 Quadratmetern Büros, Wohnungen sowie ein Hotel und ein Ärztezentrum.

Ein Manko blieb aber: Denn eine Apotheke fehlte in der Lugner City bisher. Lugner hatte vor 24 Jahren zwar schon eine Apothekerin zur Hand, allerdings erhielt diese keine Konzession. Denn im Umkreis des Einkaufszentrums gab es bereits fünf Apotheken. Und das Österreichische Apothekengesetz erlaubt eine neue Apotheke nur dann, wenn die nächste Apotheke mindestens 500 Meter entfernt ist und ihr 5500 potentielle Kunden bleiben. Das zweite Kriterium bereitete Lugner Probleme.

Als es nach fünf Jahren immer noch keine Einigung gab, begann Lugner, mit den Apothekern der Umgebung zu verhandeln. Einer von ihnen hätte in das Einkaufszentrum ziehen können. Tatsächlich habe er einen Apotheker gewinnen können, der zwar noch keine eigene Konzession gehabt habe, aber in absehbarer Zeit die Apotheke seines Chefs hätte übernehmen sollen, erinnert sich Lugner. Als es dann so weit war, habe der Apotheker aber doch entschieden, am alten Standort zu bleiben. „Da waren schon etwa zehn Jahre vergangen“, sagt Lugner.

Daraufhin nahm er zusammen mit der Apothekerin, die er ursprünglich als Leiterin vorgesehen hatte, einen zweiten Anlauf. Vom Sozialministerium habe er gesagt bekommen, er solle abwarten – schließlich werde das Apothekengesetz immer weiter ausgeweitet. Etwa vier bis fünf Jahre sei vor der zweiten Instanz verhandelt worden – doch dann habe die Apothekerin die Apotheke ihrer Mutter übernehmen können und habe nicht mehr zur Verfügung gestanden.

Zwei Maßnahmen führten Lugner nun schließlich doch zum Erfolg: Er ließ von einem Institut eine Kundenbefragung durchführen, die aufzeigte, dass nur die Hälfte der Kunden der umliegenden Apotheken überhaupt aus der Umgebung kamen. „Die Leute gehen nicht unbedingt zur nächsten Apotheke, sondern dahin wo sie einkaufen, zum Arzt gehen oder arbeiten“, sagt Lugner. Mit den Ergebnissen dieser Umfrage wurden die Kundenpotenziale der umliegenden Apotheken neu berechnet.

Darüber hinaus hat Lugner die Apotheker eingebunden und am Gewinn beteiligt. Die Apotheke wird von Apotheker Thomas Beinhauer geleitet, dem derzeit 45 Prozent des Geschäfts gehören. Die übrigen Anteile gehören insgesamt vier Apothekern aus der Umgebung. Das österreichische Apothekenrecht erlaubt solche Konstruktionen. Spätestens in zehn Jahren muss Beinhauer als persönlich haftender Gesellschafter aber mehr als die Hälfte der Anteile besitzen.

Die Apotheke in der Lugner City ist 236 Quadratmeter groß und verfügt über einen Kommissionierer von Apostore. Die HV-Tische sind durch „Schamwände“ voneinander abgetrennt. „So kann ein Mann ein Potenzmittel kaufen, ohne dass die Dame nebenan das sieht“, sagt Lugner.

Die Apotheke ist von Montag bis Samstag von 8 bis 18 Uhr geöffnet – dank der zwischenzeitlichen Liberalisierung. Bis 2013 durften Apotheken in Wien samstags nur bis 12 Uhr geöffnet haben. Das galt auch für Apotheken in Einkaufszentren. „Alle anderen Geschäfte hatten noch auf, nur die Apotheke war geschlossen. Und selbst wenn sie Nachtdienst hatte, durfte sie nicht die Türen öffnen, sondern musste die Arzneimittel durch die Notdienstklappe abgeben“, sagt Lugner.

Dann hatten zwei Verfahren gegen die Chefin der Graben-Apotheke in der Wiener Innenstadt für Aufsehen gesorgt. Sie hatte auch an Samstagnachmittagen geöffnet. Letztendlich bekam die Apothekerin Recht. Daraufhin kündigte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) an, gemeinsam mit der Apothekerkammer einen Entwurf zu erarbeiten, nach dem Apotheken zumindest so lange öffnen können wie andere Geschäfte auch. Seit März 2013 dürfen Apotheken in der Woche bis 19 Uhr und am Wochenende bis 18 Uhr geöffnet sein.

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