„Die können impfen!“

Österreich beschließt Apothekenreform

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Berlin -

Am Mittwochabend votierte das österreichische Parlament einstimmig für die Apothekenreform. Neben erweiterten Öffnungszeiten, Abgabestellen auf dem Land und zusätzlichen Kompetenzen für Apothekerinnen und Apotheker bringt die Novelle auch eine Erweiterung des Filialbestands mit sich. Dabei sind nicht alle Reaktionen vorbehaltlos.

Im Vorfeld der Abstimmung wurde von den Rednerinnen und Rednern die Wichtigkeit der Novellierung hervorgehoben und für ein einstimmiges Abstimmungsergebnis plädiert. Laut Fiona Fiedler (Das Neue Österreich und Liberales Forum, NEOS) wurde eine entscheidende Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker vergessen: „Die können impfen! Die haben tatsächlich einen Kurs abgeschlossen, der durch einen Arzt erfolgt ist.“ Rund 2000 Apothekerinnen und Apotheker stehen mit abgeschlossener Ausbildung dazu in den Apotheken bereit. Fiedler plädierte für das Impfen in Apotheken und brachte einen entsprechenden Abänderungsantrag ein, dem allerdings nicht zugestimmt wurde.

Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) ist die Novelle „ein guter Ansatz, den Apotheken einen Stellenwert zukommen zu lassen, den sie auch brauchen“. Bezüglich des Impfens erklärte er, dass noch unterschiedliche Auffassungen gäbe. „Da werden wir uns weiter unterhalten, ob wir das hinbekommen.“

Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) betonte, dass die Reform zwar im Sinne der Patientinnen und Patienten sei, „man muss trotzdem im Hinterkopf behalten, ob die Neuerungen das sind, was man von ihnen erwartet“. Belakowitsch hielt Rauch dazu an, die umfassenden Änderungen des Apothekengesetzes zu begleiten und zu beobachten. „Wir wünschen uns, dass das auch irgendwann evaluiert wird und geschaut wird, ob sich die Neuerungen, wie die Gesundheitstests, bewährt haben.“ Dies bestätigte Rauch kurz darauf.

Verband und Kammer begrüßen Novelle

Laut Thomas W. Veitschegger, Präsident des Apothekerverbandes war es für eine Novellierung des Apothekengesetzes – und damit eine „Angleichung der gesetzlichen Vorgaben für die Apotheken an die Anforderungen des Arbeitsalltags“ – höchste Zeit. „Der Gesetzgeber hat Maßnahmen getroffen, die die Kompetenzen unseres Berufsstandes erweitern und die Rolle der Apotheke bei der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung stärken.“

Durch Gesundheitstest in der Vor-Ort-Apotheke werde zukünftig der Zugang zu wichtigen gesundheitlichen Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger verbessert. „Die Vereinfachung der Eröffnung von Filialapotheken wird zudem einen Beitrag leisten, die Arzneimittelversorgung abseits der Zentren auszuweiten – um nur zwei Beispiele zu nennen. Insgesamt begrüßen wir daher die gesetzlichen Neuregelungen, weil sie für die Bevölkerung und die Apotheken gleichermaßen Verbesserungen bringen werden“, so Veitschegger weiter.

Die Präsidentin der Österrischen Apothekerkammer (ÖAK), Ulrike Mursch-Edlmayr, erklärt zur Novelle: „Wir freuen uns, die Bevölkerung nun noch besser als bisher mit wohnortnahen und wichtigen Gesundheitsdienstleistungen aus der Apotheke versorgen zu können. Schon jetzt besuchen täglich rund 500.000 Personen eine Apotheke in Österreich und profitieren damit von deren niederschwelligem Zugang. Die 1450 Apotheken in Österreich sind bereits jetzt eine tragende Säule des Gesundheitssystems. Diese zentrale Rolle wird durch die Ausweitung des apothekerlichen Leistungsspektrums weiter gezielt gestärkt. Wir erhöhen mit dieser Offensive an neuen Gesundheitsangeboten im Bereich der Prävention und Früherkennung die Versorgungs- und Lebensqualität der Bevölkerung.“

Wiener Apothekenleitung kritisiert Öffnungszeiten

Dr. Karin Pleban leitet eine der größten Apotheken in Österreich. In ihrer Millennium-Apotheke in Wien beschäftigt sie rund 60 Mitarbeitende. „Die Österreichische Apothekengesetznovelle ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung um die Kompetenz von Österreichs Apotheker:Innen als Gesundheitsdienstleister zu stärken“, erklärt Pleban. „Eine Ausdehnung der Öffnungszeiten bis 21 Uhr ist aus meiner Sicht, speziell in der Großstadt, nicht notwendig, da wir über eine ausgezeichnete, flächendeckende Versorgung an Nachtdienstapotheken verfügen. Zudem fehlt auch bereits jetzt in den Randzeiten oft die Kommunikationsmöglichkeit zu den verschreibenden Ärzten, was bei längeren Öffnungszeiten sicherlich noch problematischer wäre.“ Ihre Befürchtung: Durch die ausgedehnten Öffnungszeiten könne die Apotheke als Arbeitsplatz an Attraktivität verlieren, inbesondere beim Nachwuchs. Dies würde die Personalsuche deutlich erschweren.

Zu den neuen Kompetenzen erklärt Pleban: „Die nun gesetzlich verankerte Möglichkeit zur Durchführung von Gesundheitsdienstleistungen ist bei passenden Räumlichkeiten sicherlich interessant, man muss sich allerdings ansehen wie die Vergütung aussieht.“ Aktuell werden die Dienstleistungen noch nicht von der Kasse erstattet. Wie und zu welchem Preis diese angeboten werden können, ist ebenfalls noch unklar.

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