Österreich

Bürger wehren sich gegen Bedarfsplanung

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Berlin -

Die Bürgerbewegung „Apotheke für Tosters“ will eine weitere Apotheke im österreichischen Feldkirch. Im Ortsteil Tosters gebe es mehrere medizinische Einrichtungen, aber eine Offizin fehle, argumentieren die Anwohner. Die Initiative wandte sich mit ihrem Anliegen an die Gesundheitspolitiker im Nationalrat – denn für eine neue Apotheke wäre eine Gesetzesänderung nötig.

Der Wunsch nach einer Apotheke bestehe unter den Bewohnern des Feldkircher Ortsteils bereits seit den 1990er Jahren, berichtet der Sprecher der Initiative, Christian Fiel. Gemeinsam mit dem Obmann des Krankenpflegevereins, Walter Fontana, setze er sich nun dafür ein, dass dieser Wunsch in die Realität umgesetzt werde.

In Tosters befänden sich zwei Hausärzte, ein Altersheim, eine Anlage für betreutes Wohnen und ein Krankenpflegeverein, sagt Fiel. Bedarf an einer Apotheke bestehe also. Derzeit müssten sich die etwa 5800 Bewohner von Tosters in Apotheken versorgen, die mindestens zwei Kilometer entfernt seien. Gerade für ältere, nur noch eingeschränkt mobile Bürger sei das eine Belastung, so Fiel. Krankenschwestern des Pflegevereins würden teilweise schon einen Botendienst für ihre Patienten übernehmen. „Doch das kostet Zeit und Geld“, sagt er.

Eine Apotheke in Fußreichweite würde das Problem lösen. Doch dem Wunsch der Bewohner von Tosters steht das Apothekengesetz entgegen. Die Bürgerbewegung hat sich daher im Oktober mit einem Brief an die gesundheitspolitischen Sprecher im österreichischen Nationalrat gewandt. Sie fordern darin eine Gesetzesänderung, die eine Apotheke für Tosters ermöglicht. Von der liberalen Partei NEOS sei ein entsprechender Antrag gemacht worden.

Jürgen Rehak, Präsident der zuständigen Apothekerkammer Vorarlberg, erläutert die Bedarfsplanung: „In Österreich erhält eine Apotheke nur dann eine Konzession, wenn sie die bestehende Versorgungsstruktur nicht gefährdet.“ Er ergänzt: „Eine Neugründung wird nicht genehmigt, wenn dadurch von den bestehenden Apotheken weniger als 5500 Personen versorgt werden.“ Das wäre mit einer weiteren Apotheke in Tosters jedoch für die zwei bestehenden Standorte in der Feldkircher Innenstadt der Fall.

Eine Filialapotheke innerhalb einer Stadt schließt das Gesetz ebenfalls aus: Nur in kleinen Ortschaften darf eine Filiale betrieben werden. Demnach könnte nur eine der beiden Innenstadt-Apotheken nach Tosters umziehen, um dem Wunsch der Bürger zu entsprechen, sagt Rehak. Mit beiden Inhabern habe er über diese Option gesprochen – bislang ergebnislos.

Ein Bestandsschutz für Apotheken sei in Europa nichts Ungewöhnliches: „Deutschland mit der Niederlassungsfreiheit ist die Ausnahme“, sagt Rehak. Sowohl vom österreichischen Verfassungsgerichtshof als auch vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) sei bestätigt worden, dass die Arzneimittelversorgung ein schützenswertes Gut sei. „Der Staat muss die Versorgung sicherstellen. Dafür muss er die bestehende Versorgungsstruktur erhalten und die Wirtschaftlichkeit von Apotheken sichern“, so Rehak.

Mit dem geltenden Gesetz würden Landapotheken gefördert. „Ohne den Gebietsschutz würden sich die Apotheken alle dort niederlassen, wo es die meisten Kunden gibt: in der Stadt“, sagt er. Dennoch hält Rehak das Gesetz in der aktuellen Form nicht für zeitgemäß. „Von der Innenstadt wandern Ärzte, Supermärkte und Bewohner in die Außenbezirke“, beschreibt Rehak. Diesem Trend sollten auch Apotheken folgen. Doch mit dem Verbot von innerstädtischen Filialapotheken werde das erschwert. „Ich habe vor der österreichischen Apothekerkammer den Vorschlag gemacht, städtische Filialen zuzulassen“, sagt Rehak.

Von der Apothekerkammer in Wien heißt es dazu, dass das im Fall von Tosters nicht helfen würde. „Auch mit einer Filialapotheke würde die andere Innenstadtapotheke gefährdet, da sie dann auch weniger als 5500 Menschen zu versorgen hätte“, erklärt Rainer Prinz, Leiter der Rechtsabteilung. Demnach könne auch eine Filiale aufgrund des Gebietsschutzes nicht entstehen.

Einen Grund, die Niederlassungsbegrenzung aufzuheben, sieht die Apothekerkammer nicht. „Wie die Bevölkerung wächst auch die Apothekenzahl in Österreich stetig“, sagt er. Aber Prinz versteht, dass die Gesetzgebung im konkreten Fall von Tosters nachteilig ist: „Natürlich ist es schade, dass die Gründung einer durchaus sinnvollen Apotheke verhindert wird“, räumt er ein. Ein regelmäßiger Apothekenlieferdienst sei zwar denkbar, werde der Größe des Ortsteils aber möglicherweise nicht gerecht. Der Umzug einer der beiden Innenstadtapotheken in den Randbezirk sei die beste Option. „Es ist zwar keine leichte Entscheidung, einen traditionellen Standort aufzugeben – aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden“, sagt Prinz.

Der EuGH gestattet den Mitgliedsstaaten zwar eine Bedarfsplanung, kritisierte aber die österreichische Gesetzgebung als zu starr. Die Bedürfnisse der Bevölkerung in benachteiligten Regionen seien zu berücksichtigen. Daher sollten Ausnahmen im Genehmigungssystem vorgehen werden, urteilten die Richter in Luxemburg.

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