Die niederösterreichische Gemeinde Ruprechtshofen musste ein Jahr lang ohne Hausarzt auskommen. Seit Samstag ist diese Phase vorbei: Mitten auf der grünen Wiese hat sich ein Arzt niedergelassen – in einem Container. Denn nur so soll die Praxis dank Hausapotheke rentabel sein.
Mit der Aktion „Gemma Doktor schaun“ am vergangenen Samstag lud die Gemeinde Ruprechtshofen dazu ein, sich die neue Containerpraxis anzusehen. Zum Tag der Offenen Tür nutzten etwa 400 Bürger die Gelegenheit, sich die Räumlichkeiten auf einem Feld im etwa 6,5 Kilometer entfernten Dorf Brunnwiesen anzusehen. Pfarrer Franz Kraus segnete die Ordination. Seit Montag bietet Allgemeinmediziner Dr. Florian Fedrizzi Sprechstunden an.
Warum ist die Praxis in provisorische Räumlichkeiten gezogen, noch dazu weit entfernt vom Ortskern? „Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen“, erklärt Ruprechtshofens Bürgermeister Leopold Gruber-Doberer (ÖVP). Die Hausärztin Dr. Angelika Fichtenberg hatte ihre Praxis in Ruprechtshofen im April 2015 aufgegeben. Seither hatte die Gemeinde den Standort zehnmal erfolglos ausgeschrieben: Kein Arzt wollte dort eine Praxis eröffnen. Laut Gruber-Doberer lag das daran, dass ein Arzt ohne Hausapotheke nicht genug Gewinn machen könnte.
In Österreich dürfen Ärzte unter bestimmten Bedingungen selbst Medikamente abgeben. Für sie bedeutet der Verkauf ein zusätzliches Einkommen. Allerdings darf ein Mediziner eine Hausapotheke nur betreiben, wenn die nächste Apotheke mindestens sechs Kilometer von seiner Praxis entfernt ist.
In St. Leonard am Forst bei Ruprechtshofen gibt es jedoch die Apotheke Leonhofen von Inhaberin Regine Tröscher. Daher stellte Gruber-Doberer für einen Hausarzt die Containerpraxis auf: mitten auf dem Feld vor dem Ort Brunnwiesen, aber 6,5 Kilometer von der Apotheke entfernt. Der Genehmigung einer Hausapotheke stand somit nichts mehr im Wege, obgleich die Apothekerkammer Einspruch eingelegte. Daher erklärte sich Fedrizzi schon zum Jahresbeginn bereit, eine Praxis in der Marktgemeinde mit etwa 2300 Einwohnern zu führen.
Der Präsident der Apothekerkammer Niederösterreich, Heinz Haberfeld, sieht die Eröffnung der Praxis mit Hausapotheke kritisch: Auch ohne dieses zusätzliche Einkommen sollte ein Arzt wirtschaftlich arbeiten können, sagt er. Zudem könnte der Arzt um eine Apotheke ersuchen und dann mit der Genehmigung in den Ortskern ziehen – und somit in das Versorgungsgebiet der Apotheke von Tröscher.
Der Nationalrat hatte im April noch eine weitere Erleichterung für Praxen mit Hausapotheken beschlossen. Wenn eine Praxis bereits über eine Hausapotheke verfügt und an einen neuen Arzt übergeben wird, muss zur nächsten öffentlichen Apotheke nur ein Mindestabstand von vier Kilometern eingehalten werden. Die Nachfolgeregelung gilt rückwirkend ab Mai 2015.
APOTHEKE ADHOC Debatte