Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich steigen die Arzneimittelausgaben. Und in beiden Ländern haben die Apotheker wenig von dem Plus. „Das Geschäftsjahr 2015 brachte für die Apotheken in Österreich keine positive Wende“, so das Fazit des Österreichischen Apothekerverbands. Eine Ursache dafür ist paradoxerweise das Vergütungssystem ohne Fixum.
Im vergangenen Jahr haben die 1370 Apotheken laut Apothekerverband mit Arzneimitteln zulasten der Krankenkassen rund 2,6 Milliarden Euro umgesetzt – weitere 400 Millionen Euro entfallen auf ärztliche Hausapotheken. In der Offizin macht der Kassenumsatz laut Verband im Schnitt 70 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Die Steigerung von 5,6 Prozent falle höher aus als in den vergangenen Jahren, aber niedriger als vor einigen Monaten befürchtet, so der Verband. „Doch das Umsatzplus schlug sich in den Apotheken ertragsmäßig kaum nieder.“ Die Apotheken profitierten nicht von den höheren Ausgaben für Kassenmedikamente. Die Vergütung der Apothekenleistung wuchs im vergangenen Jahr nur um 1 Prozent. Bei den nötigen Personal- und Investitionskosten sei das schwierig.
Verbandspräsident Dr. Christian Müller-Uri kritisiert: „Die Apotheken in Österreich verdienen aufgrund des Sparzwangs im Gesundheitswesen im Durchschnitt zu wenig.“ Die angespannte Ertragssituation führe dazu, dass immer weniger pharmazeutisches Personal nachgefragt werde. Habe es 2010 noch 132 neue Stellen für Apotheker gegeben, seien es 2015 nur noch 47 gewesen. Derzeit suchten 170 Apotheker nach einem Job.
Im Januar waren die Umsätze in den Apotheken mit Kassenrezepten laut Verband sogar rückläufig. Der Präsident der Kärtner Apothekerkammer, Paul Hauser, rechnet auf längere Sicht mit Apothekenschließungen. Bislang ist Österreich davon weitgehend verschont geblieben, im vergangenen Jahr stieg die Apothekenzahl um 3 Prozent auf 1370 Betriebsstätten.
Hauser sieht vor allem günstige Generika als Problem – da den Apothekern weniger Gewinn bleibe. Anders als in Deutschland berechnet sich ihr Honorar ausschließlich am Arzneimittelpreis, ein Fixum gibt es nicht. Der prozentuale Anteil der Apotheker liegt bei 27 Prozent für Arzneimittel unter 10 Euro und nimmt mit dem Preis für das Medikament ab. Für Arzneimittel über 357,08 Euro erhalten Apotheker einen Anteil von 3,8 Prozent. Privatkunden müssen zwischen 35,5 und 11,1 Prozent des Preises zahlen.
Während die Margen sinken, steigen laut Hauser die Kosten – etwa für Nacht- und Wochenenddienste. Einige Apotheken würden sich bereits nicht mehr rechnen, sagte der Kammerchef dem ORF. In Kärnten gebe es derzeit 96 Apotheken, jedes Jahr seien ein oder zwei neue dazu gekommen. Aber noch in diesem Jahr rechnet Hauser mit einer Trendwende. In Großstädten, in denen der Internethandel eine große Konkurrenz sei, könnte sogar ein Drittel aller Apotheken schließen.
Die Begeisterung für den Versand hält sich bei den österreichischen Apotheken in Grenzen. Seit Ende Juni dürfen Apotheken unter strengen Auflagen Arzneimittel verschicken – eine Genehmigung dafür haben bislang nur 24 Apotheken. Sieben haben ihren Sitz in Wien und je zwei in Graz, Innsbruck, Linz und Wien.
Bei den Arzneimittelkosten erlebten die Kassen laut Verband in den vergangenen Jahren fast eine Stagnation: 2003 stiegen die Ausgaben noch um knapp 7 Prozent, 2015 dann um weniger als 2 Prozent. Das Plus wuchs bis 2007 auf 8 Prozent an, um sich dann von 2010 bis 2013 zwischen 1 und 3 Prozent einzupendeln – „ausgesprochen niedrige Werte“, die laut Verband zum Teil unter der Inflationsrate lagen.
Anfang 2015 änderte sich das: Der Hauptverband der österreichischen Sozialversichungsträger registrierte im ersten Quartal Steigerungen von 10 Prozent, im ersten Halbjahr von rund 9 Prozent. Laut Apothekerverband gehen die Ausgabensteigerungen zum Großteil auf neue patentgeschützte Arzneimittel zur Behandlung der chronischen Hepatitis C zurück.
Allerdings: Mit den neuen Hepatitis-Medikamenten könne in fast 100 Prozent der Fälle eine chronische Infektion mit dem Virus geheilt werden, geben die Apotheker zu bedenken. Außerdem hätten diese Medikamente wesentlich weniger Nebenwirkungen als ältere und ehemals auch nicht billige Kombinationstherapie unter Verwendung von Interferon. Die Heilung der chronischen Hepatitis B verhindere schwere Komplikationen und Folgeerkrankungen, die ebenfalls hohe Kosten verursachten.
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