Österreich

Haari und Molli gegen Arzneimittelversand APOTHEKE ADHOC, 01.06.2015 15:26 Uhr

Berlin - 

In wenigen Wochen soll in Österreich der Versand von OTC-Arzneimitteln erlaubt werden. Pünktlich dazu starten die Apotheker eine Kampagne, mit der sie vor Medikamentenfälschungen aus dem Internet warnen. 

Seit 2003 dürfen Apotheken aus der EU in Österreich zugelassene OTC-Präparate in das Land versenden. Den österreichischen Apotheken ist das bislang versagt. Zum 25. Juni soll sich das ändern: Dann wird der Versandhandel auch für sie erlaubt. Rezeptpflichtige Medikamente, Tierarzneimittel und Rezepturen dürfen aber auch weiterhin nicht verschickt werden.

Inländische Apotheken, die Arzneimittel verschicken wollen, müssen dies dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) melden. Die Apotheken werden regelmäßig überprüft. Sie dürfen Arzneimittel nur in einer üblichen Menge verschicken, Mindestbestellmengen dürfen nicht vorgeschrieben werden.

Kurz vor der Freigabe haben die Österreichische Apothekerkammer (ÖAK), das Gesundheitsministerium und das Innenministerium die Kampagne „Auf der sicheren Seite“ gestartet. Auf der Website klären die Partner über die Risiken und die Rechtslage auf. Durch intensive Onlinewerbung soll außerdem auf die Thematik aufmerksam gemacht werden.

Bereits heute ist es in Österreich verboten, rezeptpflichtige Arzneimittel online zu verkaufen. Dennoch gelinge es Fälscherbanden, Patienten gefälschte Ware zu horrenden Preis unterzujubeln, warnen die Projektpartner. Die Medizinmarktaufsicht habe in den vergangenen Jahren mehr als 4000 Verdachtsproben analysiert, berichtet Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. „95 Prozent aller dieser getesteten Proben waren gefälschte oder illegale Produkte.“

Aus Sicht der Gesundheitsministerin stellt das einen „Betrug an den Konsumentinnen und Konsumenten“ dar. Die zahlten für ein Medikament und erhielten etwas, wo „entweder kein Wirkstoff, zu wenig davon, ein anderer Wirkstoff oder gar etwas Gefährliches enthalten ist“, so Oberhauser. Die Initiative solle darauf aufmerksam machen, dass der Kauf von Medikamenten über das Internet keinesfalls mit dem sicheren Kauf in der Apotheke gleichzusetzen sei.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner fügte hinzu, gefälschte Arzneimittel gefährdeten nicht nur die Gesundheit, sondern finanzierten auch kriminelle Machenschaften. Dieser Form der Kriminalität sage man gemeinsam entschieden den Kampf an.

Eine Umfrage der Apothekerkammer zeigte zum Start der Kampagne, dass fast die Hälfte der Österreicher gar nicht weiß, dass der Verkauf von rezeptpflichtigen Arzneimittel über des Internet verboten ist. „Wer nicht über die Illegalität Bescheid weiß, kann sich schwer vor Fälschungen schützen“, so Kammerpräsident Max Wellan.

Auch was rezeptpflichtig sei und was nicht, sei für viele Kunden nicht klar: 31 Prozent der 1000 Befragten meinten, Viagra (Sildenafil) sei nicht verschreibungspflichtig. Sogar 60 Prozent glaubten, sie dürften testosteronhaltige Arzneimittel rezeptfrei im Internet bestellen zu können.

Parallel zu „Auf der sicheren Seite“ hat der Österreichische Apothekerverband die Kampagne „Fakes don't care – but we do“ begonnen. Auf einer Facebook-Seite informiert der Verband bis September über aktuelle Fälle und gesundheitliche Folgen von Arzneimittelfälschungen, über Aufgriffe von Kriminellen und den Service der Apotheken. Dabei wird auch auf das Portal „Apodirekt“ verwiesen, über das Patienten online Arzneimittel vorbestellen können.

„Mit der Kampagne wollen wir alle Online-Käufer wachrütteln und vor den unzähligen Fake-Apotheken im Internet warnen“, so Verbandspräsident Dr. Christian Müller-Uri. Auf der Facebook-Seite wird die Liebesgeschichte zwischen Haari und Molli erzählt. Ab dem 26. Juni sollen die beiden Zeichentrickfiguren Hauptakteure eines Kinospots werden.

Pharmig, der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs, begrüßt die beiden Initiativen. Präsident Professor Dr. Robin Rumler sagte: „Jede einzelne Kampagne, jede Initiative ist ein wichtiger Beitrag dazu, die Bevölkerung vor den Gefahren gefälschter Arzneimittel zu warnen und zu verhindern, dass Patienten geschädigt werden.“ Pharmig-Geschäftsführer Dr. Jan Oliver Huber ergänzte, dass die Industrie selbst intensiv an Modellen arbeite, um die Fälschungssicherheit ihrer Produkte zu erhöhen.

Mitte dieses Jahres soll die EU-Fälschungsrichtlinie um eine Verifizierungspflicht für Arzneimittel erweitert werden. Für die Umsetzung sind die beteiligten Akteure verantwortlich, drei Jahre haben sie Zeit. Spätestens 2018 müssen Hersteller, Großhändler und Apotheken Arzneimittel eindeutig identifizieren und Fälschungen ausschließen können. Grundsätzlich werden alle Rx-Medikamente kennzeichnungspflichtig. OTC-Präparate werden ausgenommen – außer sie stehen auf einer entsprechenden Black List.