In Österreich nutzen die Ärzte die Kritik des Europäischen Gerichtshof (EuGH) an der Bedarfsplanung für Apotheken, um für ärztliche Hausapotheken zu werben. Die Ärztekammer Niederösterreich fordert lockerere Regeln für die Praxisapotheken und ein Wahlrecht für Patienten.
Der EuGH hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass die österreichische Bedarfsplanung für Apotheken in Teilen unzulässig ist: Die Richter bestätigten das System zwar grundsätzlich, kritisierten jedoch zu starre Regelungen. Bislang dürfen neue Apotheken nur dann eröffnen, wenn den bestehenden Apotheken jeweils mindestens 5500 zu versorgende Personen im Umkreis von vier Kilometern bleiben.
Aus Sicht der Richter sei diese Regelung nicht geeignet, das öffentliche Interesse einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, fasst der niederösterreichische Ärztekammerpräsident Dr. Christoph Reisner zusammen. „Dieser Meinung schließen wir uns inhaltlich voll an.“
Die Richter hätten darauf hin gewiesen, dass Personen, die außerhalb des Radius' von vier Kilometern wohnten, bei der Bedarfsplanung nicht berücksichtigt würden. Dr. Max Wudy, in der Ärztekammer für Hausapotheken und Medikamentenwesen zuständig, kritisiert: „Was der EuGH jedoch vergisst, dass genau für diese typischerweise ländlichen Regionen die Institution ärztliche Hausapotheke vorgesehen ist.“
Ärztliche Hausapotheken dürfen jedoch nicht eröffnet werden, wenn im Umkreis von sechs Kilometern eine Apotheke liege. „Der Gesetzgeber nimmt also in Kauf, dass im Bereich zwischen vier und sechs Kilometern um eine öffentliche Apotheke keine gesicherte Versorgung besteht“, moniert Wudy. Als mögliche Sofortmaßnahme sehen die Ärzte eine Herabsetzung der Grenze von sechs auf vier Kilometer.Der EuGH übersehe, dass ländliche, abgelegene Regionen durch ärztliche Hausapotheken „bestens versorgt werden“, so Reisner. Die Richter übersähen auch, „dass öffentliche Apotheken in ländlichen abgelegenen Regionen nicht wirtschaftlich geführt werden können und so keine Bedeutung für die Medikamentenversorgung haben“.
Aus seiner Sicht wäre ein allgemeines Bezugsrecht für Patienten die Idealform: „Jeder soll entscheiden können, ob er seine Medikamente in einer Apotheke oder bei einem Arzt beziehen will“, so Reisner.
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