Streit um Patientenbeauftragten

Österreich: Ärzte bestreiken Corona-Patienten

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Berlin -

Man hat ihnen auf den Schlips getreten, deswegen legen einige Ärzte in Niederösterreich jetzt einen Teil ihrer Arbeit nieder: Aus Protest gegen eine Äußerung eines Patientenbeauftragten wollen mehrere Ärzte sämtliche freiwilligen Tätigkeiten wie den Bereitschaftsdienst am Wochenende oder die Visiten bei Patienten, die am Coronavirus Sars-CoV-2 erkrankt sind, künftig aussetzen. Der Präsident der niederösterreichischen Ärztekammer appelliert an seine Kollegen.

Ein Streit in der österreichischen Ärzteschaft könnte sich zu einem PR-Desaster für den Berufsstand auswachsen: Weil sie sich unfair kritisiert fühlen, wollen Ärzte ihre Macht demonstrieren – und zwar auf dem Rücken der Patienten. Zumindest wird ihnen das derzeit von vielen Seiten vorgeworfen.

Auslöser ist eine Aussage des niederösterreichischen Patientenanwalts, des Pendants zu den deutschen Patientenbeauftragten: Im Ö1-Mittagsjournal hatte sich Patientenanwalt Gerald Bachinger zu einem Vorschlag der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) geäußert. Der zufolge soll das Angebot von Spitalsambulanzen ausgeweitet werden, um Hausärzte zu entlasten und wieder eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Insbesondere angesichts der Sars-CoV-2-Epidemie sehen das viele im österreichischen Gesundheitssystem als sinnvollen Schritt. Bachinger begründete das allerdings mit einer drastischen Wortwahl: Es gebe nämlich in Österreich eine „grottenschlechte Versorgung im niedergelassenen Bereich“.

Laut Ärztekammer Niederösterreich hat Bachinger mit dieser Äußerung eine Empörungswelle „ohnegleichen“ ausgelöst: Zahlreiche Ärzte hätten sich bei der Kammer gemeldet und mitgeteilt, aus Protest sämtliche freiwilligen Tätigkeiten wie den Bereitschaftsdienst am Wochenende oder die Visiten bei Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, künftig auszusetzen, so die Kammer. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele Nachrichten an einem Wochenende bekommen zu haben“, zitiert die Tageszeitung „Kurier“ deren Präsidenten Dr. Christoph Reisner.

Er habe Verständnis für die Empörung, so Reisner. Dennoch appelliere er an seine Kollegen: „Gerade jetzt brauchen uns die Patientinnen und Patienten, die hier völlig unschuldig zum Handkuss kommen. Nur weil der Patientenanwalt sich unüberlegt zu Themen äußert, bei denen er sich offensichtlich nicht auskennt und die auch nicht zu seinem Aufgabengebiet gehören, müssen wir dennoch hinter unseren Patientinnen und Patienten stehen.“ Dienst nach Vorschrift sei in der aktuellen Situation keine Lösung, die Ärzte müssten nun Einsatz zeigen und dürften sich die Freude an ihrem Beruf nicht kaputtmachen lassen.

Es gebe kein sachlich fundiertes Argument für die Verlagerung von hausärztlichen Tätigkeiten in Ambulanzen, wie ÖGK und Patientenanwalt es fordern. Rund 800 Hausärztinnen und Hausärzte mit Kassenvertrag kümmern sich der Kammer zufolge über ganz Niederösterreich verteilt in Einzelordinationen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten um die Sorgen und Krankheiten ihrer Patienten. Demgegenüber würden die Ambulanzen an rund 25 Spitalsstandorten „sicherlich ebenso wertvolle Arbeit“ leisten, allerdings könne sich dort kein Patient seinen Arzt aussuchen oder erwarten, dass der behandelnde Arzt den Patienten oder sogar seine familiäre Anamnese kennt.

Ungeachtet der Debatte erwarte er eine Entschuldigung vom Patientenanwalt, so Reisner: „Bachinger versucht seit Jahren, die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte in den Ordinationen schlecht zu machen, so auch zuletzt. Wie so oft bringt er keine konstruktive Kritik vor, sondern verallgemeinert, pauschalisiert und redet das System der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte schlecht. Diese Aussagen weisen wir klar zurück! Sie sind absolut entbehrlich, destruktiv und schaden Ärzten ebenso wie Patienten.“ Mit seiner letzten Aussage habe er „den Bogen dieses Mal eindeutig überspannt“. Gerade in herausfordernden Zeiten wie im Moment arbeiteten arbeiten „Ärztinnen und Ärzte tagtäglich in ihren Ordinationen teilweise bis an ihre persönliche Leistungsgrenze und darüber hinaus“, um für ihre Patienten da zu sein. „Die NÖ-Ärzteschaft erwartet sich eine Entschuldigung für diese Entgleisung!“, so die Kammer.

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