Notfallkontrazeptiva

EllaOne: OTC-Switch auf Österreichisch

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Berlin -

In Deutschland wurde lange die Rezeptpflicht für die „Pille danach“ diskutiert – selbst nach der Entscheidung der EU-Kommission, EllaOne (Ulipristal) aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Ganz anders in Österreich: Dort wurde das Levonorgestrel-Präparat Vikela 2009 innerhalb von zwei Wochen rezeptfrei. Und nun war die Alpenrepublik der erste EU-Staat, in dem der OTC-Switch für EllaOne erfolgte – nahezu geräuschlos.

Hintergrund ist vor allem ein Notfallparagraf, der Apotheker berechtigt, im Notfall verschreibungspflichtige Arzneimittel auch ohne Rezept abzugeben. Daher konnten sie bereits vor dem OTC-Switch Notfallkontrazeptiva verkaufen.

In Österreich werden die Notfallkontrazeptiva des Herstellers HRA Pharma, wie in Deutschland Marktführer, von der Firma Sanova vertrieben. Der OTC-Switch für das Levonorgestrel-Präparat Vikela erfolgte bereits Ende 2009 – in einer aus Sicht von Sanova-Geschäftsführer Wolfgang Wacek bemerkenswerten Aktion.

Bereits 2001 hatte der damalige Zulassungsinhaber einen Antrag auf Entlassung der „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht eingereicht. 2005 beschäftigte sich die Rezeptpflichtkommission mit Vikela, kam aber nicht zu einer abschließenden Entscheidung. Eine offizielle Aussage gab es nicht, und wie schon 2001 wurde der Antrag nicht weiter verfolgt.

Vier Jahre später ging es dann ganz schnell: Der damalige Gesundheitsminister Alois Stöger griff das Thema auf und fragte bei HRA an, ob der Antrag für die Rezeptfreiheit noch aktuell sei – dann wurde Vikela innerhalb von zwei Wochen rezeptfrei, erinnert sich Wacek.

Die jahrelange Debatte in Deutschland erscheint dem Sanova-Geschäftsführer da beinahe absurd: „Wir stehen hier ein bisschen baff, angesichts der Diskussionen in Deutschland.“ Da EllaOne in Österreich erst eingeführt wurde, als Vikela bereits rezeptfrei war, spielt das Ulipristal-Präparat kaum eine Rolle in Österreich. „Man hat sofort gemerkt: Die Frauen gehen kaum mehr zum Gynäkologen“, so Christian Plach, Sanova-Bereichsleiter Pharma. Zwar hätten Apotheker über den Notfallparagrafen auch EllaOne abgeben können, aber sie hatten das rezeptfreie Präparat Vikela zur Hand.

Auf Vikela kommen laut Sanova 80 Prozent Marktanteil, auf EllaOne zwischen 3 und 4 Prozent. Der Rest verteilt sich auf Postinor von Gedeon Richter und Levodonna von Sandoz. Ursprünglich sollte laut Plach auch EllaOne rezeptfrei werden, aber es fehlten die nötigen Anwendungsfälle. „Denn eigentlich sind die österreichischen Behörden besonders zurückhaltend bei Switches“, so Plach.

Der OTC-Switch wird in Österreich durch eine weitere Regelung erleichtert: Ein Jahr lang dürfen die Rx-Packungen als OTC abgegeben werden. Erst dann müssen die als verschreibungspflichtig deklarierten Präparate vom Markt genommen werden. Für die Apotheker ändert sich damit nicht viel: Sie geben die gleichen Präparate ab, was sie auch vorher schon ohne Rezept durften.

Entsprechend gering war die Aufmerksamkeit für das Thema, nach Einschätzung von Wacek blieb es „praktisch unter der Wahrnehmungsschwelle“. Die meisten Pharmazeuten wüssten wahrscheinlich gar nicht, dass EllaOne nun rezeptfrei sei.

Anders war es 2010: Damals sei die mediale Aufmerksamkeit sehr hoch gewesen. Allerdings seien durch den schnellen Switch die meisten Kritiker vor vollendete Tatsachen gestellt worden. In einigen katholischen Bundesländern habe es dennoch Kritik gegeben.

Die Zahlen von Sanova zeigen, dass es nach dem Switch von Vikela nicht zu einem starken Anstieg beim Absatz kam. Es habe wie immer ein zweistelliges Wachstum gegeben, das im ersten Jahr leicht erhöht war, sich danach aber wieder normalisierte. Mit dem OTC-Switch von EllaOne erwartet Sanova keine Marktausweitung, sondern eher eine Verschiebung weg von Vikela hin zu dem moderneren Präparat.

Behandelt wird die „Pille danach“ in Österreich wie jedes andere OTC-Arzneimittel, bestimmte Vorgaben oder ein Werbeverbot, wie es in Deutschland geplant ist, gibt es nicht. Die Apotheker erhielten von den Aufsichtsbehörden die Empfehlung, bei der Beratung bestimmte Punkte zu beachten – rechtsverbindliche Vorgaben gibt es aber nicht.

Die Werbung hält man bei Sanova für wichtig und notwendig. Denn die Marktforschung zeige, dass noch nicht alle Frauen wüssten, dass es die „Pille danach“ rezeptfrei gebe und wie sie wirke. Sanova hat für EllaOne eine Webseite entwickelt, proaktive Werbung gebe es aber nicht. Durchschnittlich verwende eine Frau die „Pille danach“ ein- bis zweimal im Leben – „da entsteht keine relevante Markenbekanntheit“, erklärt Plach. Es gebe daher weniger Werbung für die Präparate und mehr für die „Pille danach“.

Ähnlich wie HRA in Deutschland sieht Sanova daher die Kommunikation mit Apothekern als wichtige Aufgabe. Ziel sei, die Vorteile von EllaOne zu erklären. „Wir gehen davon aus, dass EllaOne Vikela in wenigen Monaten, vielleicht ein bis zwei Jahren überholt hat“, so Wacek. Auch Sanova plant für die Beratung der Apotheken deutlich mehr Ressourcen ein. Aufstocken müsse man den Außendienst aber nicht, da man von Haus aus mehr Mitarbeiter habe als HRA in Deutschland.

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