Altmedikamente: Apotheker verweigern Annahme APOTHEKE ADHOC, 05.07.2017 13:48 Uhr
Unmut in einer niederländischen Verbundgemeinde: Apotheker in Tynaarlo müssen die Entsorgung von alten Medikamenten ihrer Patienten selbst bezahlen und das ist teuer. Immer mehr Betreiber nehmen das nicht mehr hin.
Im heimischen Arzneischrank finden sich immer wieder Medikamente, die schon längst abgelaufen sind. Auch in den Niederlanden können sie beim Apotheker abgegeben werden, der sie dann entsorgt. Zumindest theoretisch. Eine Verpflichtung gibt es nicht. Die Kosten sind für den einzelnen Pharmazeuten mitunter immens, wenn er am falschen Ort wohnt.
Marianne van Tilburg aus dem Ortsteil Vries zählt zu den Betreibern, die bereits die Notbremse gezogen haben. Seit einem halben Jahr nimmt sie keine Altmedikamente mehr an. „Das ist ein Signal an die Gemeindeverwaltung“, betonte sie gegenüber dem Regionalsender RTV Drenthe. „Wir sind nicht verantwortlich für die Kosten, die Gemeinde sehr wohl. Immer mehr Patienten haben ihre alten Medikamente bei uns abgegeben, damit nahmen auch die Kosten zu.“
Zu den Rebellen zählt auch Kollege Anand Rambharos aus dem benachbarten Ortsteil Zuidlaren. Er hat schon vor guten vier Jahren die Entsorgung eingestellt. „Die Leute glauben, dass die Apotheke verpflichtet ist, alte Medikamente zu sammeln, aber logisch ist das nicht“, sagte er im Fernsehinterview. „Wenn eine Packung Milch nicht mehr gut ist, dann kippst du sie in den Ausguss und bringst sie nicht in den Supermarkt zurück.“ Nach eigenen Angaben spart er seit dem Annahmestopp jährlich 7500 Euro ein.
Die Bürger von Tynaarlo können ihre Altarzneimittel auch in der Umweltsammelstelle gratis abgeben. Doch viele werfen sie auch achtlos weg, hat Rambharos beobachtet. „Stellen Sie sich vor, dass eine Oma wirft sie in den Mülleimer und Kleinkinder halten die eingefärbten Pillen für Süßigkeiten.“
Nach Auffassung der Gemeinde zählen die von Kunden abgegebenen Medikamente zum Betriebsabfall, und den muss jeder Apotheker selbst zahlen. Doch der Gemeinderat diskutiert einen neuen Abfallplan, der allerdings erst 2019 in Kraft treten soll. Nach der Sommerpause wollen die lokalen Abgeordneten detaillierter beraten, wie mit abgelaufenen Arzneimitteln umgegangen wird.
In den Niederlanden kann jede Gemeinde selbst entscheiden, ob und wie sie ihre Apotheker für die Entsorgung belangt. Der Apothekerverband hat diese Frage bereits zum Thema einer landesweiten Kampagne gemacht. Die Lobbyarbeit macht sich bezahlt: Bereits 75 Prozent aller Gemeinden übernehmen die Kosten, nur 25 Prozent tun dies noch nicht, darunter eben Tynaarlo. Die zuständige Umweltministerin Melanie Henriëtte Schultz van Haegen hat derweil dem Parlament versprochen, sich dafür einzusetzen, dass Apotheker die Entsorgung der Medikamente nicht mehr selbst finanzieren müssen.