Neuseeland

Apotheker blamiert Vorzeigeapotheke

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Berlin -

Weil ein angestellter Apotheker aus Neuseeland einer Touristin das falsche Mittel abgegeben hat, musste er sich nun vor der Aufsichtsbehörde verantworten. Die neuseeländische Gesundheitskommission (HDC) hat dies in einem Bericht veröffentlicht. Der Apotheker hatte beim Etikettieren des Antidepressivums offenbar die Behälter verwechselt.

Die 26-jährige Patientin war auf Fluoxetin eingestellt. Während einer Neuseeland-Reise musste sie ihren Vorrat auffüllen lassen. Das Rezept über ein Präparat in der Wirkstärke 20 mg, das sie von einem Arzt erhalten hatte, löste sie im Juni in der Apotheke ein, in der der beschuldigte Apotheker angestellt ist.

Wie gewohnt nahm die Patientin das Arzneimittel ein, die Symptome ihrer Depression verschlimmerten sich allerdings ab diesem Zeitpunkt rapide. Laut Bericht verminderte sich ihre Lebensqualität massiv, sie kämpfte gegen Minderwertigkeitsgefühle und Hassgedanken. Dazu kamen körperliche Symptome wie Migräne, Übelkeit, Herzstolpern und Abgeschlagenheit.

Als die Patientin im September für ein Folgerezept einen weiteren Arzt aufsuchte, bemerkte dieser den Abgabefehler des Apothekers: Unter dem individuellen Etikett befand sich noch die ursprüngliche Kennzeichnung des Medikaments. Offenbar hatte der Pharmazeut der Frau anstelle des erforderlichen Serotonin-Wiederaufnahmehemmers eine Box mit Isosorbiddinitrat (ISDN) 60 mg ausgehändigt. Der Mediziner informierte unverzüglich die Apotheke. Die Patientin reichte eine Beschwerde bei der HDC ein.

Aus dem HDC-Bericht geht hervor, dass der Apotheker zwar die korrekten Etiketten erstellt hatte, diese allerdings auf das falsche Arzneimittel klebte. Außerdem hatte der Angestellte versäumt, die Patientin zu beraten. Die Frau bemerkte die Verwechslung nicht.

Die Apotheke distanzierte sich von dem Fehler des Apothekers. Auch die Behörde bestätigte den Inhabern, dass ihrerseits kein Versäumnis vorliege, es gebe seitens der Apotheke keinen Verstoß gegen den so genannten Codex („Code of Health and Disability Services Consumers' Rights“). Durch die Bereitstellung von ausführlichen Handlungsanweisungen sei dem Codex entsprechend eine „korrekte, legale, professionelle und ethische Erfüllung der Pflichten“ gewährleistet gewesen. Der diensthabende Apotheker habe allerdings durchaus die Regeln verletzt.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, kann sich der Apotheker den Fehler nicht erklären. In seiner Stellungnahme gegenüber der Aufsichtsbehörde rechtfertigte er sich mit dem Argument, dass die Packungen von Fluoxetin und ISDN ähnlich aussähen und räumlich nah nebeneinander lagerten. Er räumte allerdings ein, dass sein Vorgehen nicht den Anforderungen der Standards der Patientenversorgung entspreche. Darin war er sich mit seinem Arbeitgeber einig.

Das Risiko eines Wiederholungsfehlers hat man seitens der Apotheke inzwischen minimiert: Man habe sich entschieden, die beiden Präparate künftig „weiter voneinander entfernt im Regal aufzubewahren“. Eine Checkliste ergänzt außerdem nun die Handlungsempfehlungen der Apotheke. Das Personal soll laut Vorgabe besonders darauf achten, ob das richtige Arzneimittel in korrekter Darreichungsform und Stärke abgegeben wird. Zusätzlich sollen die an einer Dispensierung beteiligten Apothekenmitarbeiter die fehlerfreie Abgabe auf der Verschreibung des Arztes quittieren.

Ironischerweise war die betroffene Apotheke kurz zuvor im Rahmen eines QM-Audits überprüft worden. Die Prüfer begutachteten unter anderem die Regeln, die die Apotheke ihren Dispensierprozessen zugrunde legt. Die Arbeitsanweisungen, die die Auditoren vorfanden, bescherten der Apotheke ein blütenweißes Urteil: Von der Etikettierung des Blisters oder der Medikationsbox über das Anbringen des Adressetiketts auf der Medikationstüte bis zur Ergänzung aller Dispensierinformationen mit einem weiteren Etikett auf der Verschreibung des Arztes ist jeder Schritt der Abgabe geregelt.

Die Handlungsanweisungen schreiben außerdem vor, dass der Mitarbeiter die Verschreibung mit dem erstellten Etikett vergleichen muss und darüber hinaus die korrekte Entnahme der Ware aus dem Lagerbestand zu prüfen hat – alles unter Berücksichtigung des Vier-Augen-Prinzips. Auch die Information des Patienten über das Arzneimittel, Einnahmehinweise und Besonderheiten gehört zum Pflichtprogramm. In der Abschlussbewertung erhielt die Apotheke von den Auditoren 10 von 10 Punkten.

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