Bislang wurden weltweit knapp 84.000 bestätigte Affenpocken-Fälle registriert, die Dunkelziffer könnte weitaus höher liegen. Auch wenn die Infektionszahlen derzeit rückläufig sind, hält die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den ausgerufenen internationalen Gesundheitsnotstand aufrecht. Hoffnung bringt ein neuer Arzneistoffkandidat, der bereits zur Behandlung von Harnwegsinfektionen eingesetzt wird.
Zwar ist die Zahl der Nachweise von Affenpocken weltweit deutlich gesunken, die WHO warnt aber dennoch vor falscher Gelassenheit: Vor allem in Afrika stünden weder Tests noch genügend Impfstoffe zur Verfügung. Das könne eine Bedrohung für die ganze Welt werden: „In drei Jahren könnten wir eine Virusvariante haben, die deutlich weniger gut einzudämmen ist – das ist ein echtes Risiko“, sagte die WHO-Expertin Rosamund Lewis.
Ein neuer Arzneistoffkandidat zur Behandlung einer Affenpockeninfektion könnte Nitroxolin sein. Der Wirkstoff aus der Gruppe der 8-Hydroxychinolin-Derivate weist antibiotische sowie antimykotische Eigenschaften auf. Die Wirksamkeit des Antibiotikums zur Behandlung von Affenpocken (Mpoxviren) wurde untersucht von Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität und der University of Kent in einer standortübergreifenden Studie. Professor Dr. Jindrich Cinatl und Professor Dr. Martin Michaelis stellten dabei fest, dass die Vermehrung von Mpoxviren in Zellkulturmodellen und Gewebekulturen menschlicher Haut effektiv gehemmt wurde.
Nitroxolin sei zusätzlich gegen einen Tecovirimat-resistenten Mpoxvirusstamm wirksam. Auch weitere bakterielle und virale Krankheitserreger, die häufig gemeinsam mit Mpoxviren übertragen werden, wurden durch das Antibiotikum eingedämmt. Daher unterdrückt der Wirkstoff gleichzeitig mehrere Krankheisterreger – häufig führen die Mehrfachinfektionen zu schweren Mpoxverläufen. Das gut verträgliche Antibiotikum wird seit langem schon erfolgreich zur Behandlung akuter und chronischer Infektionen der ableitenden Harnwege wie Zystitis oder Urethritis eingesetzt und kann somit direkt in klinischen Studien gegen Mpox getestet werden.
„Die Entstehung von resistenten Virusstämmen gibt Anlass zu ernsthafter Besorgnis“, so Cinatl. „Daher ist die Wirkung von Nitroxolin gegenüber Tecovirimat-resistenten Viren besonders vielversprechend.” Tecovirimat ist gegen Orthopoxviren wirksam, Vertreter dieser Virenfamilie lösen Krankheiten wie Affenpocken aus. Der antivirale Wirkstoff ist in den USA als bislang einziger Wirkstoff gegen Pocken zugelassen, seit 2022 auch in der EU.
„Je mehr unterschiedliche Medikamente zur Behandlung von viralen Erkrankungen zur Verfügung stehen umso besser. Wir hoffen, dass Nitroxolin zur effektiven Behandlung von Mpoxpatient:innen beitragen wird”, hofft Michaelis.
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