Im Streit um Schuld und Sühne des US-Pharmakonzerns Purdue ist derzeit viel Bewegung: Nachdem bekannt wurde, dass die Eigentümerfamilie Sackler über 10 Milliarden US-Dollar für einen Vergleich zahlen will, wird dem schwerreichen Clan nun vorgeworfen, sein tatsächliches Vermögen verschleiern zu wollen. Der New Yorker Generalstaatsanwältin Leititia James zufolge hat die Sackler-Familie rund eine Milliarde Euro in die Schweiz überwiesen, um sie vor dem Zugriff der US-Behörden zu verstecken.
Der Transfer sei im Rahmen der Ermittlungen gegen die Familie aufgefallen, so James am Freitag. Die Staatsanwältin hatte im August bei rund 30 Finanzinstituten um Informationen angefragt, um so das Vermögen der Sattlers in Erfahrung zu bringen. Sie habe noch gar nicht alle angeforderten Dokumente erhalten, wisse aber bereits jetzt von besagter Summe, so James: „Allein die Unterlagen eines Finanzinstituts haben Geldtransfers in Höhe von rund einer Milliarde Dollar zwischen den Sacklers, den von ihnen kontrollierten Betrieben und verschiedenen Finanzinstitutionen gezeigt, darunter diejenigen, die Gelder auf Schweizer Konten geschleust haben.“ Ein Sprecher von Mortimer D. A. Sackler räumte ein, dass es die Geldtransfers gab, erklärte aber, sie seien „absolut legal und in jeder Hinsicht angemessen“ gewesen.
Rund drei Milliarden US-Dollar soll die Eigentümerfamilie nach den bisherigen Plänen aus ihrem Privatvermögen beisteuern, was schon im Vorfeld der jetzigen Enthüllung für Kritik sorgte. Auch nach dem Deal würden die Sacklers milliardenschwer bleiben – aus Sicht ihrer Kritiker vor allem erwirtschaftet durch fragwürdige bis illegale Marketingpraktiken, die zum Ausbruch der Opioid-Krise beigetragen hätten.
Dem Wirtschaftsmagazin Forbes zufolge hat die Familie ein Vermögen von rund 13 Milliarden US-Dollar. Mehrere am jüngst geschlossenen Vergleich beteiligte US-Bundesstaaten, darunter New York, Massachusetts, Connecticut, Pennsylvania und North Carolina, gehen jedoch von einer höheren Summe aus. Rund vier Milliarden US-Dollars habe die Familie demnach seit 2007 von Purdue abgezogen und auf Konten im Ausland transferiert.
Ursprünglich wollten die Behörden und Bundesstaaten im Rahmen des Vergleichs rund 12 Milliarden Dollar an Schadenersatzgeldern von Purdue und den Sacklers erhalten. Die Verantwortlichen haben die Summe aber auf 10 Milliarden herunterverhandelt. Am Wochenende hat Purdue der Vereinbarung gemäß Insolvenz beantragt.
Der Mundipharma-Mutterkonzern Purdue hatte sich vergangene Woche im Streit über seine Mitverantwortung für die Opioid-Krise mit mehr als 2000 Kommunen, Bundesstaaten und Krankenhäusern auf einen Vergleich verständigt. Neben den Zahlungen wurde beschlossen, dass Purdue Insolvenz anmeldet und dann unter dem Dach einer Treuhandgesellschaft den Betrieb wieder aufnimmt. Das umstrittene Opioid-Schmerzmittel Oxycontin soll dann weiter produziert und vertrieben werden, die Erlöse aber in die Entschädigung Betroffener fließen.
Teil der Vereinbarung ist auch, dass die Sacklers das internationale Geschäft samt seiner Tochtergesellschaften abstoßen – darunter Mundipharma aus Frankfurt. Der Washington Post zufolge soll für Mundipharma ein Preis von mindestens 1,5 Milliarden Dollar verlangt werden. Mehrere an dem Vergleich beteiligte Staatsanwälte würden diese Summe als Vorauszahlung der Sacklers für den Posten verlangen. Wann der Verkauf über die Bühne gehen soll und wer zum Kreis der möglichen Käufer gehört, stehe aber noch nicht fest.
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