Im Prozess um einen Meningitisausbruch im Jahr 2012 muss jetzt der zweite Apotheker hinter Gitter. Glenn Chin wurde in Boston zu acht Jahren Haft verurteilt.
Chin war leitender Apotheker im Herstellbetrieb New England Compounding Center (NECC), der verunreinigte Medikamente in Umlauf gebracht hatte. Dazu gehörten Steroidinjektionen, die mit Aspergillus verunreinigt waren. Bei Untersuchungen im NECC wurden zahlreiche mögliche Kontaminationsquellen ausgemacht, darunter stehendes Wasser, Schimmel und verschmutztes Equipment.
Mindestens 793 Menschen sollen dadurch zu Schaden gekommen sein, 76 starben während des Meningitisausbruchs. Laut Staatsanwaltschaft hatte Chin die Aufsicht im Reinraum, in dem die Medikamente hergestellt wurden. Er soll Mitarbeiter angewiesen haben, nicht überprüfte Medikamente zu verschicken, abgelaufene Inhaltsstoffe zu verwenden, Reinigungsprotokolle zu fälschen sowie Schimmel und Bakterien zu ignorieren.
Unter Tränen bat Chin die Opfer um Entschuldigung. Hätte er gewusst, dass die Medikamente verunreinigt seien, hätte er sie nicht versendet. „Das hätte nie passieren dürfen“, sagte er. Ursprünglich war Chin wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz angeklagt worden, dies konnte ihm das Gericht jedoch nicht nachweisen. Eine Jury sprach den Apotheker bereits im Oktober unter anderem wegen Betruges schuldig. Jetzt wurde das Strafmaß verkündet.
Chins Vorgesetzter Chefapotheker Barry Cadden wurde vergangenen Sommer zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde ebenfalls vom Vorwurf des Mordes freigesprochen, gleichzeitig aber der organisierten Kriminalität und des Versandbetrugs für schuldig befunden. Neben Chin und Cadden müssen sich zwölf frühere Eigentümer und Angestellte des Herstellbetriebs vor Gericht verantworten. Drei haben sich bereits schuldig bekannt, dem Rest wird im Oktober der Prozess gemacht.
Mehr als 17.650 potenziell kontaminierte Injektionsbeutel soll das NECC an 75 Kliniken in 23 Staaten versendet haben. Eigentlich hätten diese Produkte nur innerhalb von Massachusetts vertrieben werden dürfen, da sie von der Arzneimittelbehörde FDA nicht zugelassen waren.
In der Folge wurden schärfere Auflagen für sogenannte Compounding-Apotheken verabschiedet. Diese mussten sich bis dahin bei der FDA registrieren, jedoch unterlagen sie nicht den strengen Regelungen, die für Arzneimittelhersteller gelten. Im Laufe der Jahre wuchsen die Unternehmen zu Massenherstellern, praktisch unreguliert von den Behörden.
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