Pharmahandelskonzerne

McKesson: Global macht nicht immun

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Berlin -

Größer, schneller, weiter: Weil im transkontinentalen Pharmahandel die Wachstumsmöglichkeiten ausgereizt sind, suchen Walgreens Boots Alliance (WBA) und McKesson/Celesio ihr Heil auf beiden Seiten des Atlantiks. Doch auch globale Größe schützt nicht vor Problemen, wie nach Stefano Pessina jetzt McKesson-Chef John Hammergren erkennen musste. Sein Konzern musste eine Gewinnwarnung herausgeben – die Teile der Strategie infrage stellt.

Mit einem Umsatz von 180 Milliarden US-Dollar ist McKesson der führende Pharmahändler weltweit, noch vor WBA mit pro forma 113 Milliarden Dollar vor beziehungsweise knapp 120 Milliarden Dollar nach der geplanten Übernahme von Rite Aid. Zusammen mit dem US-Großhändler AmerisourceBergen (ASB), an dem sich WBA strategisch beteiligt hat, kommt sogar das Doppelte auf die Waage.

Genau diese Bündnisse des Konkurrenten sind es, die McKesson gerade unter Druck bringen. Mit Walgreens verlor Cardinal Health, das dritte Schwergewicht im Großhandel in den USA, einen seiner wichtigsten Großkunden an WBA – und damit 20 Milliarden Dollar Umsatz. Prompt schnappte sich der Konzern den Umsatz, den McKesson bis dahin mit CVS gemacht hatte – rund 12 Milliarden Dollar. Mit Rite Aid konnte sich McKesson wenigstens die Nummer 3 unter den großen Apothekenketten sichern.

Doch jetzt hat WBA auch diesen Großkunden vom freien Markt abgezogen. Bis März 2019 läuft der Liefervertrag mit McKesson noch, doch spätestens dann dürften Pessina und seine Partner von ASB auf Ablösung drängen. Dann würde der Konzern mit Sitz in San Francisco empfindlich geschwächt: 95 Prozent seiner Ware im Rx-Bereich bestellte Rite Aid im vergangenen Jahr bei McKesson – rein rechnerisch rund 13 Milliarden Dollar.

Man sei nicht immun gegen die Auswirkungen der Konsolidierung innerhalb der Lieferkette, rechtfertigte sich Hammergren, der bei seinen Gesprächen in Übersee womöglich den Heimatmarkt ein wenig aus den Augen verloren hatte. Trotz größerer Verluste – ein weiterer ist der Specialty-Anbieter Optum – gebe es auch Kunden, die sich für eine Ausweitung der Zusammenarbeit entschieden. Der Konzernchef verwies auf eine neue Vereinbarung mit Albertsons, die im September an Land gezogen wurde: Ab April wird McKesson Erstlieferant für die 1700 Filialen der Supermarktkette, in denen auch Arzneimittel verkauft werden.

Kurz vor dem Jahreswechsel konnte dann auch noch ein neuer Deal mit CVS unter Dach und Fach gebracht werden: McKesson darf die 1660 Apotheken der Supermarktkette Target beliefern, die CVS im Juni für 1,9 Milliarden Dollar übernommen hatte. Ein überraschendes Ergebnis, denn eigentlich hatte sich die einzige neben Walgreens verbliebene Megakette mit rund 10.000 Filialen über die gemeinsame Einkaufsfirma Red Oak fest mit Cardinal verbündet.

Doch es gibt noch mehr Gegenwind, mit dem McKesson aktuell zu kämpfen hat. Den Preisverfall im Generikabereich hat man in San Francisco unterschätzt; schon bei WBA rollten wegen desselben Fehlers im vergangenen Sommer Köpfe. Hammergren, immerhin einer der bestbezahlten Konzernchefs in den USA mit neunstelligem Jahreseinkommen, kassierte jetzt die Prognose für das noch bis Ende März laufende Geschäftsjahr.

Zwar liegt der erwartete Gewinn je Aktie mit 12,60 bis 12,90 Dollar nur marginal unter der bisherigen Spanne von 12,50 bis 13 Dollar. Doch einkalkuliert sind bereits positive Steuereffekte und Beiträge aus Sparmaßnahmen. Und vor allem ist kein Land in Sicht: Auch im kommenden Geschäftsjahr könnten Preisverfall und Kundenverluste bis zu 85 Cent je Aktie an Gewinn kosten, so Hammergren. Dazu kommen 140 Millionen Dollar vor Steuern, die McKesson zahlen muss, um ein mehrere Jahre altes Kartellverfahren zu befrieden.

Vor allem aber offenbart das Eingeständnis, welche grundlegende Schwäche das Kickback-Konzept im globalen Pharmahandel hat: Wenn die Preisspannen im Generikabereich verfallen, kann es keine Boni für die Handelspartner mehr geben. Sowohl WBA als auch McKesson sind als Gegengewicht zur international aufgestellten Pharmabranche gedacht. Während Pessina im schweizerischen Bern eine Firma gegründet hat, die bei den Herstellern Rückvergütungen einsammeln soll, hatte McKesson Ende 2014 in London ein Büro eröffnet und den Herstellern neue Zahlungsziele diktiert.

Doch mit weniger Masse werden die Forderungen noch schlechter durchzusetzen sein. Jetzt rächt es sich, dass McKesson jahrelang die inhabergeführten Apotheke vernachlässigt hat. Zwar betreibt der Konzern mit Health Mart das größte Franchisekonzept mit rund 4000 Mitgliedern. Doch nur 11 Prozent seines Umsatzes machte McKesson zuletzt mit den sogenannten Independents. Bevor die Karten neu gemischt wurden, entfiel die Hälfte der Erlöse auf zehn Großabnehmer, zu denen auch Versandapotheken und und Supermärkte wie Wal-Mart gehörten. Wenn Pessina sich nicht allzu schlecht anstellt, wird es Hammergren auch hier schwer haben. Der Marktanteil von ASB bei den unabhängigen Apotheken ist mit 28 Prozent unerreicht.

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