Südafrika

Mach4-Automat für HIV-Medikamente

, Uhr
Berlin -

In Deutschland tobt der Kampf um Arzneimittelautomaten, in Südafrika sichern Terminals die Versorgung. Gemeinsam mit Partnern vor Ort hat Mach4 einen Ausgabeautomaten für HIV-Medikamente in Gebieten mit kaum vorhandener medizinischer Infrastruktur entwickelt. Dafür wurde der Bochumer Hersteller von Kommissionierautomaten mit dem Preis der Deutschen Gesundheitsaußenwirtschaft in der Kategorie „Kleine und mittlere Unternehmen“ ausgezeichnet.

Seinen Anfang nahm das Projekt bereits 2012. Damals besuchte Firmengründer Dirk Beils erstmals den Vertriebspartner für Südafrika und machte sich ein Bild von der medizinischen Versorgung vor Ort. Im Land sei die Zahl der an chronischen Erkrankungen wie HIV oder Bluthochdruck leidenden Menschen hoch, so seine Beobachtung, die Versorgung mit Medikamenten dagegen unzureichend.

Kranke müssten oft stunden- oder tagelang auf ihre Medikamente warten. Für viele Patienten sei die Entfernung zur nächsten medizinischen Einrichtung zu weit. Sie seien damit praktisch von der Versorgung mit Arzneimitteln abgeschnitten. „Der Bedarf an einer flächendeckenden Lösung ist groß“, sagt Marketingleiterin Stefanie Zimmermann. „So entwickelten wir Eigeninitiative.“

Für die Gegebenheiten vor Ort wurde ein modifiziertes Modell des Mach4-Automaten entwickelt. Der Patient registriert sich bei einem der für die Pilotphase ausgewählten Krankenhäuser. Hier erhält er sein Rezept und seine Chipkarte. „Auf dem Chip ist der Medikamentenplan hinterlegt“, erläutert Zimmermann. „Das System rechnet aus, wann eine Packung zur Neige geht. Der Patient erhält dann eine SMS, dass seine neue Packung im Automaten bereitliegt.“

Mit der Karte kann er sich sein Medikament zu einer ihm passenden Uhrzeit abholen. Zudem gibt es jederzeit die Möglichkeit zu einem Beratungsgespräch über eine cloud-basierte Videotelefonie. Dafür stünden qualifizierte, eigens dafür geschulte Apotheker bereit, so Zimmermann. Spätestens nach sechs Monaten müsse der Patient aber erneut zur Kontrolluntersuchung.

Realisiert werden konnte das Projekt dank starker Partner vor Ort. „Die in Südafrika gefundene Lösung ist nicht die Lösung von Mach4“, stellt Zimmermann klar. „Von uns kommen nur der Automat und die Kommissioniertechnik. Alles andere wurde vor Ort entwickelt. Wir fanden ein Unternehmen, das die Softwarelösung bereitstellte. Right ePharmacy war unser logistischer Partner für alle Aspekte der Apothekenautomatisierung.“

Auch das Gesundheitsministerium war von Anfang an mit an Bord, genauso wie die größte Non-Profit-Organisation „Right to Care“. Finanzielle Unterstützung kam aus Deutschland: Über das develoPPP.de-Programm fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern mit einem langfristigen Nutzen für die Bevölkerung. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) koordinierte die Programmaktivitäten in Südafrika. Auch die „United States Agency for International Development“ (USAID) steuerte Geld bei.

Im Rahmen des Pilotprojekts beschränkten sich die Partner auf die Versorgung der Patienten mit HIV-Medikamenten. So kommt einer der kleineren, kompakteren Automaten von Mach 4 zum Einsatz. Er kann auch in Einkaufszentren aufgestellt werden. „Eine Ausweitung auf andere chronische Indikationen ist geplant“, sagt Zimmermann.

Derzeit stehen vier Automaten in der kleinsten südafrikanischen Provinz Guateng vor allem in Townships rund um die Hauptstadt Johannesburg. Die Zahl soll sich zeitnah vervierfachen. Damit sollen künftig 80.000 Personen versorgt werden. Für sie würde sich die Wartezeit um mindestens 50 Prozent reduzieren, so das Unternehmen. Nach Ablauf der Pilotphase übernimmt das Gesundheitsministerium den Weiterbetrieb.

Mach4 wurde 1997 von Beils gemeinsam mit Holger Wallat, Peter Jansen und Markus Riedl gegründet; heute arbeiten in verschiedenen Ländern 150 Mitarbeiter für das Unternehmen. 2015 übernahm Omnicell mit Sitz im kalifornischen Mountain View den deutschen Hersteller für 18 Millionen US-Dollar. Durch die Zusammenführung soll den Kunden ein „umfassendes automatisiertes Medikationsmanagement-Angebot für Krankenhaus- und Einzelhandelsapotheken“ zur Verfügung stehen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
E-Rezept beim Einkaufen einlösen
Terminal: Abholautomat als „i-Tüpfelchen“
Mehr aus Ressort
Tausende Filialen schließen
USA: Kahlschlag bei Apothekenketten
2500 Packungen illegal nach China verkauft
Paxlovid: Apothekerin aus Innsbruck angeklagt
Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben
Krankenkasse rechnet mit Milliardenverlusten

APOTHEKE ADHOC Debatte