Lilly direct: Pharmakonzern umgeht Apotheken Patrick Hollstein, 09.01.2024 08:31 Uhr
Der Pharmakonzern Eli Lilly hat in den USA einen Direktvertrieb für bestimmte Medikamente gestartet. „Lilly direct“ heißt das Programm, das unter dem Motto „Reimagine the pharmacy experience“ steht. Exklusivpartner sind die Versender Eversana und Truepills, die ihre Fühler auch schon nach Europa ausgestreckt haben.
Lilly will nach eigenen Angaben eine „Ergänzung“ zum bestehenden Gesundheitsnetzwerk der Patientinnen und Patienten liefern. Dazu arbeitet der Konzern mit Telemedizinanbietern wie „Form“ und „9amhealth“ zusammen, die sich auf Menschen mit Übergewicht beziehungsweise Diabetes spezialisiert haben.
„Sie müssen nicht mehr wochen- oder sogar monatelang warten, um die Gesundheitsversorgung zu erhalten, die Sie benötigen“, so der Konzern. Lilly verspricht den Kundinnen und Kunden eine bequeme und diskrete Lieferung von garantiert echten Medikamenten nach Hause, zusätzliche Einsparungen über eine sogenannte „Savings card“ sowie Hilfe bei Anträgen auf Kostenübernahme bei der jeweiligen Krankenversicherung.
Zum Programm gehören die drei Indikationen:
- Diabetes mit Insulinpräparaten wie Humalog, Humulin, Basaglar, Lyumjev und Rezvoglar
- Übergewicht mit dem Medikament Zepbound (Tirzepatid)
- Migräne mit dem Medikament Emgality (Galcanezumab)
Mit Zepbound ist ein ganz neues Abnehmmedikament dabei, das Lilly für einen Sonderpreis von 25 US-Dollar an Zuzahlung anbietet. Natürlich würden jegliche Therapieentscheidungen in absoluter Unabhängigkeit getroffen, weder erhalte Lilly Geld von den Unternehmen noch andersherum, versichert der Konzern. Auch Daten würden nur in pseudonymisierter Form weitergegeben.
Unsichtbare Versandapotheken
Die online ausgestellten Rezepte gehen direkt an die beiden Exklusivpartner Eversana und Truepill, die die Patietinnen und Patienten dann per SMS über den Auftragseingang informieren und die Medikamente anschließend zur Verfügung stellen. Beide Unternehmen haben sich auf B2B-Lösungen für Hersteller fokussiert – und fungieren als Versandapotheken, die für die Verbraucherinnen und Verbraucher unsichtbar sind.
Eversana ist eigentlich ein Vertriebsdienstleister, der Pharmafirmen etwa beim Markteintritt unterstützt. Weltweit arbeiten rund 7000 Menschen für das 2018 durch Alex Bouzary gegründete Unternehmen, auch in Europa werden Kunden betreut. Ein komplett neues Projekt ist „Pharmatize“, eine Zusammenarbeit mit Amazon im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI).
Truepill wurde 2016 durch den britischen Apotheker Umar Afridi und den IT-Experten Sid Viswanathan in Kalifornien gegründet. Dank Kooperationen mit Rx-Plattformen wie Hims (Potenzmittel, Präparate gegen Haarausfall) und Jurx (Kontrazeptiva) konnte Truepill sein Geschäft schnell ausbauen, mittlerweile liegt der Umsatz im dreistelligen Millionenbereich. Auch in Großbritannien hatte das Unternehmen bereits einen Ableger, dieser wurde aber im vergangenen Jahr durch den Mitbewerber Phlo übernommen.