In Frankreich beginnt heute ein Zivilprozess gegen das deutsche Pharmaunternehmen Merck. Patienten hatten sich über unerwünschte Nebenwirkungen der in Frankreich eingeführten neuen Rezeptur des Mittels Levothyrox in einem Schilddrüsenmedikament beschwert. Eine Sammelklage fordert nun in einem Zivilprozess in Villeurbanne bei Lyon Schadenersatz.
Nach Angaben des Anwaltes haben sich mehr als 4100 Kläger der Sammelklage angeschlossen. Sie fordern jeweils 10.000 Euro Schadenersatz. Merck hatte die neue Zusammensetzung auf Bitte der französischen Medikamentenbehörde ANSM entwickelt. Dabei sollte die Stabilität des Wirkstoffs Levothyroxin verbessert werden. In Bezug auf die Bioäquivalenz ergeben sich keinerlei Unterschiede. „Das heißt, beide Arzneimittel können prinzipiell gegeneinander ausgetauscht werden“, heißt es aus Darmstadt. Am Wirkstoff selbst ändert sich nichts. Die neue Formulierung weicht jedoch im Vergleich zum Vorgänger in puncto Füllstoffe ab. Künftig ist Mannitol statt Laktose-Monohydrat enthalten.
Außerdem wird der Formulierung wasserfreie Zitronensäure hinzugefügt, die „als Konservierungsmittel zur Begrenzung des zeitbedingten Abbaus von Levothyroxin“ Anwendung findet. Beide Füllstoffe entsprechen den Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs. Dennoch sei während der Umstellungsphase eine engmaschige Kontrolle notwendig.
Drei Millionen Menschen sollen in Frankreich an Hypothyreose leiden. Fast alle sind mangels Alternativen auf das Präparat Levothyrox vom deutschen Hersteller Merck angewiesen. Doch zuletzt klagen viele Patienten über Nebenwirkungen wie Krämpfe, Schwindel und Gedächtnisstörungen.
Im vergangenen Jahr hatten sich Franzosen in der Grenzregion in Deutschland mit dem Medikament eingedeckt. In einer Petition verlangten mehr als 200.000 Unterzeichner, die alte Version des Medikaments in Frankreich wieder zugänglich zu machen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die Zulassung der neuen Formulierung von Euthyrox (Levothyroxin, Merck) am 18. Juli empfohlen. Die Markteinführung in Deutschland wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2019 erfolgen.
Die neue Formulierung sei auf Anforderung verschiedener internationaler Gesundheitsbehörden entwickelt worden. Ziel ist es, durch eine engere Spezifikation des Wirkstoffes eine bessere Kontrolle der individuellen Dosierung zu ermöglichen. Levothyroxin besitzt eine geringe therapeutische Breite, schon minimale Änderungen in der Dosierung können die Wirksamkeit beeinflussen.
Die Gesundheitsbehörden forderten, für die neue Formulierung eine Wirkstoffkonzentration von 95 bis 105 Prozent zu gewährleisten, der variable Gehalt während der gesamten Haltbarkeitsdauer und zwischen den einzelnen Chargen liegt somit bei lediglich ± 5 Prozent. Zum Vergleich: Zuvor waren es bei einer Spanne von 90 bis 110 Prozent entsprechend ± 10 Prozent. „Das Ziel der Gesundheitsbehörden ist es daher, durch eine konstantere Wirkstoffkonzentration über die gesamte Haltbarkeitsdauer des Medikaments die Symptome zu reduzieren“, teilt Merck mit.
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