Südtirol

Ladinisch-Pflicht für Apotheker

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Berlin -

Ladinisch gehört zu den am seltensten gesprochenen Sprachen in Europa. Und dennoch müssen Apotheker in Südtirol sie beherrschen, jedenfalls wenn sie in den ladinischen Tälern tätig sind. Dort muss auch weiterhin permanent ein Pharmazeut anwesend sein, der neben Deutsch und Italienisch auch Ladinisch kann. Der Antrag der Landesregierung, dass Approbierte in einschlägigen Regionen künftig nur noch zweisprachig sein müssen, wurde von den Abgeordneten des zuständigen Vierten Gesetzgebungsausschusses des Landtages abgelehnt.

Wäre es nach dem Willen der Landesregierung gegangen, hätten Apotheker in den ladinischen Tälern und Gemeinden künftig nicht mehr den sogenannten Dreisprachigkeitsnachweis erbringen müssen. Der Nachweis für Deutsch und Italienisch hätte gereicht. Diese Maßnahme sollte es Apothekeninhabern künftig erleichtern, Personal für ihre Apotheken zu finden.

„In Apotheken in den ladinischen Gemeinden muss jederzeit mindestens ein Apotheker anwesend sein, der alle drei Amtssprachen spricht“, erläutert Südtiroler Apotheker Dr. Stephan Peer. Das mache es sehr schwierig, Fachkräfte für die Apotheken in der Region zu finden. Der Inhaber der Apotheke Peer in der Gemeinde Lana südlich von Meran weiß, dass es nur sehr wenige Apotheker mit der nötigen sprachlichen Qualifikation gibt. „Außerdem bekommen diese Fachkräfte mindestens das doppelte Gehalt eines italienischen Apothekers“, macht er deutlich.

Dennoch zeigt Peer durchaus Verständnis für die Ablehnung eines entsprechenden Antrags. „Gerade ältere Menschen sprechen in erster Linie Ladinisch. Italienisch und Deutsch sind für sie Fremdsprachen“, erläutert er. „Es macht deshalb Sinn, dass in Apotheken jemand da ist, der Ladinisch beherrscht. Denn es ist nun einmal viel einfacher, ein gesundheitliches Problem in seiner Muttersprache zu beschreiben.“

Das sahen wohl auch die Landtagsabgeordneten ähnlich. Sie kritisierten unter anderem, dass – sollte der Antrag angenommen werden – die ladinsiche Sprache wieder ein Stück zurückgedrängt würde. „Die Sprachenbestimmungen sind Grundsäulen der Autonomie“, so der Landtagsabgeordnete Andreas Pöder. „Und gerade ein Apothekenbetreiber oder -inhaber sollte sich in jeder Hinsicht mit den Kunden verständigen können.“ Bei allem Verständnis für die Nöte der Approbierten, Nachwuchs zu finden, würden Abstriche bei den sprachlichen Anforderungen dazu führen, dass gerade die kleinste Volksgruppe Südtirols wieder auf ein Stück ihrer Identität verzichten müsste.

Pöder stellte auch klar, dass ein Apothekenbetreiber in den ladinischen Tälern eben Ladinisch lernen muss, wenn er nicht bereits der ladinischen Volksgruppe angehört. „Das Einzugsgebiet ist groß genug und auch aufgrund des Tourismusaufkommens in den ladinischen Tälern ist das Betreiben einer Apotheke auch interessant genug, dass es an Apothekernachwuchs nicht mangeln dürfte", meint der Landtagsabgeordnete.

Rund 30.000 Ladiner wohnen in fünf Tälern der drei Provinzen Bozen, Trient und Belluno, die sternförmig vom Sella-Massiv ausgehen. Das gesamte Gebiet erstreckt sich auf etwa 1300 Quadratkilometern. Das Ladinische ist eine romanische Sprache, die ihren Ursprung im Lateinischen hat. Sie wurde im Jahr 1989 als Verwaltungssprache in den ladinischen Gemeinden Südtirols eingeführt.

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