Augenerkrankungen

Kurzsichtigkeit: Kontaktlinse für Kinder zugelassen

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Berlin -

Die Kurzsichtigkeit, medizinisch auch „Myopie“, ist ein häufiges Problem bei Kindern, welches mit späteren Komplikationen einhergehen kann. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat nun die erste Kontaktlinse zugelassen, die das Fortschreiten der Myopie bei Kindern im Alter zwischen acht und zwölf Jahren zu Beginn der Behandlung verlangsamen soll.

Häufig beginnt die Kurzsichtigkeit bereits im Kindesalter. Mit zunehmendem Alter nimmt sie meist stetig zu. Wenn sich bereits in frühem Alter eine schwere Myopie entwickelt, kann sie die Entstehung anderer Augenprobleme begünstigen. Oft erkranken die Kinder an frühem Katarakt oder einer abgelösten Netzhaut im Erwachsenenalter. Kurzsichtigkeit ist weltweit die häufigste Ursache für korrigierbare Sehstörungen. Entfernte Objekte werden unscharf wahrgenommen. Dies geschieht dadurch, dass entweder der Augapfel zu lang oder der Brechwert der Augenlinse zu hoch ist: Das Auge kann sich nicht richtig scharf stellen. Normalerweise ergeben die aus der Ferne kommenden Lichtstrahlen genau auf der Netzhaut ein scharfes Bild. Bei Kurzsichtigkeit hingegen bündeln sich die Lichtstrahlen schon vor davor und das Bild ist verschwommen.

Bis zum Ende der Grundschulzeit entwickeln in Deutschland etwa 15 Prozent der Kinder eine Kurzsichtigkeit, bis zum Alter von 25 Jahren steigt die Rate auf etwa 45 Prozent. Ursache kann genetische Veranlagung sein. Für die Zunahme in vielen Ländern machen Experten aber vor allem Verhaltensänderungen verantwortlich, auch die Lebensbedingungen im Allgemeinen haben Einfluss: Das Lesen von Büchern und Zeitungen sowie intensive Beschäftigung mit Smartphones, Tablets und Computern können die Entstehung begünstigen.

Bei den durch die FDA zugelassenen „MiSight-Kontaktlinsen“ von CooperVision handelt es sich um weiche Tageslinsen: Sie sollen täglich getragen werden, um die Kurzsichtigkeit zu korrigieren und das Fortschreiten der Myopie bei Kindern zu verlangsamen. Die Linsen korrigieren den Brechungsfehler, ähnlich wie Standard-Kontaktlinsen. Zusätzlich fokussieren spezielle Umfangsringe in der Linse einen Teil des Lichts vor der Retina. Dadurch soll der Reiz verringert werden, der das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit verursacht. Die Einweg-Linsen sind nicht für den mehrfachen Gebrauch geeignet. Am Ende des Tages muss die Linse entsorgt werden. Zudem dürfen sie nicht über Nacht getragen werden.

Die Genehmigung von MiSight basiert auf Daten aus einer prospektiven klinischen Studie, die an vier klinischen Standorten durchgeführt wurde, sowie auf Anwendungsdaten. Die Sicherheit und Wirksamkeit wurden zudem in einer dreijährigen randomisierten, kontrollierten klinischen Studie an 135 Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren zu Beginn der Behandlung untersucht. Die Kinder verwendeten entweder die „MiSight-Linse“ oder eine herkömmliche weiche Kontaktlinse. Die Studie zeigte, dass während des gesamten Dreijahreszeitraums das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit bei den Kindern, die „MiSight-Linsen“ trugen, geringer war als bei denen, die herkömmliche weiche Kontaktlinsen verwendeten. Außerdem hatten Probanden, die „MiSight“ verwendeten, bei jeder jährlichen Untersuchung eine geringere Änderung der axialen Länge des Augapfels. Im Verlauf der Studie traten in keinem Arm der Studie schwerwiegende unerwünschte Ereignisse am Auge auf.

Die FDA prüfte zudem die Rate der die Sehkraft gefährdenden Hornhautinfektionen bei Kindern und Jugendlichen, die täglich weiche Kontaktlinsen tragen. Dazu analysierte sie FDA die Daten aus einer retrospektiven Analyse der Krankenakten von 782 Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren aus sieben kommunalen Augenkliniken. Die Ergebnisse zeigten eine Rate, die mit der Rate der Infektionen bei Erwachsenen, die täglich Kontaktlinsen tragen, vergleichbar ist.

Die Zulassung der FDA wurde im Rahmen der „Premarket Approval“ (PMA) zugelassen: Das Verfahren wird zur wissenschaftlichen und behördlichen Überprüfung der Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten verwendet, die das Leben von Menschen unterstützen oder von wesentlicher Bedeutung für die Verhinderung von Gesundheitsschäden sind. Die PMA-Zulassung basiert auf einer Feststellung der FDA, dass die PMA ausreichende wissenschaftliche Nachweise enthält, dass das Gerät für die beabsichtigte Verwendung sicher und wirksam ist.

Hierzulande wurde vor kurzem auf dem Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft eine Off-label-Therapie mit niedrig dosierten Atropin-Augentropfen zur Behandlung der Kurzsichtigkeit bei Kindern vorgestellt. Die Substanz wird aus der Tollkirsche gewonnen. Schon seit langer Zeit ist bekannt, dass sie Kurzsichtigkeit aufhalten kann. Wegen ihrer Nebenwirkungen kam die Substanz jedoch häufig für eine Therapie nicht in Frage: Blendung und Nahsichtstörung sind die bekanntesten unerwünschten Effekte. Forscher aus Singapur haben jedoch eine Konzentration gefunden, die das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit um bis zu 50 Prozent mindert, gleichzeitig jedoch weitgehend nebenwirkungsfrei ist.

Dass niedrigdosierte Atropin-Tropfen mit einer Konzentration von 0,01 Prozent gut wirksam und verträglich sind, belegen inzwischen große und aussagekräftige Studien aus Asien. Dies hat Auswirkungen auf die Therapie: „Seit der Veröffentlichung dieser Daten hat sich die Anwendung niedrigdosierter Atropin-Augentropfen weltweit sehr schnell durchgesetzt und wird auch in Deutschland seit wenigen Jahren von vielen Augenärzten in Kliniken und Praxen eingesetzt“, betonte Professor Dr. Wolf Lagrèze von der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg.Verschiedene Länder – darunter auch Deutschland – haben dahingehend Leitlinien und Behandlungsempfehlungen formuliert. Dennoch handelt es sich bei dieser Behandlung um einen Off-Label-Use: Eltern müssen also darauf hingewiesen werden, dass es sich um einen Gebrauch handelt, für den es bei Kurzsichtigkeit noch keine offizielle Zulassung gibt.

Die Therapie mit den Atropin-Augentropfen ist für Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren geeignet, bei denen die Kurzsichtigkeit pro Jahr um mindestens eine halbe Dioptrie zunimmt. Für die Behandlung wird jeweils ein Tropfen der Zubereitung abends vor dem Zubettgehen in jedes Auge appliziert. Durch unwillkürliches Blinzeln kommt es zu einer guten Verteilung des Wirkstoffs. „Wichtig ist eine Tropfen-Zubereitung ohne Konservierungsmittel“, betonte Lagrèze. „Nach zwei Jahren Therapiedauer entscheidet der Augenarzt, ob die Behandlung fortgesetzt werden sollte.“ Aktuell ist in Deutschland eine Behandlungsstudie in Vorbereitung, um zu überprüfen, ob das Atropin-Konzept auch in einer nicht-asiatischen Population eine vergleichbare Wirkung entfaltet.

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