Robert Franz füllt mit seinen Vorträgen große Säle und führt ein millionenschweres Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln. Er propagiert Naturheilkunde und verteufelt die Schulmedizin. Ärzte und Apotheker schlagen Alarm und warnen vor den unseriösen Versprechungen des selbsternannten Gesundheitsgurus. Die Steirische Ärztekammer hat nun sogar Anzeige erstattet. Der Popularität von Franz tut dies jedoch offenbar keinen Abbruch. Er versteht es meisterhaft, sich als Kämpfer für die gerechte Sache darzustellen: Jetzt erst recht, lautet seine Botschaft.
Barfüßig, violette Haare, ein rauschender Bart und vorzugsweise violette Kleidung, dazu klare Worte gegen die Schulmedizin, Ärzte, die Pharmaindustrie und Apotheker: Franz füllt mit seinen stundenlangen Vorträgen im deutschsprachigen Raum große Säle. Bei seinen Auftritten und auf Social-Media-Plattformen propagiert er die Rückkehr zur Natur und geißelt die Vertreter der Schulmedizin. Der Pharmaindustrie gehe es nur um Geld, die meisten Ärzte und Apotheker seien lediglich Drogendealer. Nur Chirurgen, Orthopäden und Zahnärzten werden, warum auch immer, explizit ausgenommen. Nach Auffassung von Franz gibt es nicht 44.000 Krankheiten, sondern 44.000 Mangelzustände.
Seine Vorträge und zahlreiche Filme auf Youtube sind kostenlos. Die Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, veganen Suppeneinlagen, Fertilitätskapseln, Bücher und das Tierfutter, das der gebürtige Rumäne und gelernte Automechaniker in seinen zahlreichen Filialen und online vertreibt, sind es nicht. Das Hauptprodukt von Franz ist Traubenkernextrakt, genannt OPC – meist in Kapselform. Diesen gibt es im Internet schon ab knapp zwölf Euro für 100 Gramm. Der Name „Robert Franz“ auf der Packung macht daraus dann ein Luxusprodukt. Kostenpunkt: mehr als 80 Euro je 100 Gramm. Ein lukratives Geschäft, das von der Weststeiermark aus gelenkt wird.
Woher er seine Kenntnisse hat, um seine immer bestens besuchten Vorträge und Seminare zu halten und diese Produkte anzubieten, die in Deutschland hergestellt werden? „Das Leben selbst ist die beste Schule! Ich habe so viele Menschen in Krankheit gesehen, da wollte ich etwas tun. Ich habe mir alles selber angeeignet, man lernt ja aus dem Leben und das von Kindheit an“, sagte Franz gegenüber einer österreichischen Lokalzeitung. Franz erzählt immer wieder von einem Krebskranken, dessen Tumormarker „unheimlich hoch“ gewesen seien. Der Patient habe sich von ihm behandeln lassen und siehe da – nur noch minimale Tumormarker-Werte.
Auch die Erkenntnis, in Afrika gebe es keine Krankheiten, gab Franz in einem Interview zum Besten. Die Menschen dort würden höchstens am verseuchten Wasser oder am Hunger sterben. Denn durch die Sonne erneuere sich der Körper von selbst. „Mit ausreichend Vitamin D3 würden viele Mängel erst gar nicht existieren“, so sein Fazit. Die Medizin verordne jedoch Tabletten, damit die Pharmaindustrie „ordentlich Kohle scheffeln“ könne.
Angesichts solcher Aussagen schlagen Ärzte und Apotheker Alarm. „Es ist nichts gegen Naturheilkunde zu sagen“, betont der Präsident der Steirischen Apothekerkammer, Dr. Gerhard Kobinger. „In den Apotheken nehmen Naturheilmittel und die Phytotherapie ebenfalls einen wichtigen Platz ein.“ Wenn aber Franz die Menschen dazu bringe, Therapien abzuändern oder gar abzubrechen oder Medikamente abzusetzen, höre der Spaß auf. Egal ob Multiple Sklerose, Pseudokrupp oder ein zu hoher Blutdruck: Laut Kobinger empfiehlt Franz immer nur dieselben Nahrungsergänzungsmittel.
Nun hat die Steirische Ärztekammer Anzeige gegen Franz bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Hauptvorwurf: der Verdacht der „Kurpfuscherei“. Ein Kurpfuscher ist laut Österreichischem Gesetzbuch jemand, der ohne die nötige Ausbildung für den ärztlichen Beruf eine Tätigkeit, die nur Ärzten vorbehalten ist, bei einer größeren Anzahl von Menschen ausführt. Franz soll zudem rezeptpflichtige und verbotene Medikamente verkauft haben. Es soll sich dabei offenbar um Melatonin gehandelt haben. Bekommen die Ärzte Recht, droht Franz eine Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft Graz, ob Anklage erhoben wird.
Franz fühlt sich jedenfalls angegriffen und schlägt auf seinem Youtube-Kanal verbal zurück. „Das ist Blödsinn, das sind hochwertige Naturprodukte. Ich verkaufe keine verbotenen Medikamente. Ich habe Melatonin gekauft und verschenkt. Ich handle ethisch korrekt und kann jedem in die Augen schauen. Außerdem stelle ich keine Rezepte aus, ich schreibe nur Zettel, damit die Leute wissen, welcher Baustein ihnen fehlt und welches Präparat ich empfehlen würde“, so Franz.
Auch bestreitet er, in seinen Vorträgen und Youtube-Videos medizinische Handlungsanweisungen zu geben. In der Tat greift Franz in der Regel auf einen verbalen Trick zurück: Statt Menschen zu raten, dieses oder jenes Präparat zu nehmen, sagt er immer, dass er dies oder das tun würde. Damit wähnt er sich offenbar juristisch auf der sicheren Seite. Franz scheint mit den Vorwürfen der Ärzte und Apotheker sogar regelrecht zu kokettieren. In Videos inszeniert er sich als ein Kämpfer für die gerechte Sache und die kleinen Leute, die von Ärzten, Apothekern und der Pharmaindustrie vergiftet würden. Jetzt erst recht, lautet seine Botschaft.
Vor wenigen Tagen stellte er sich – mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Kurpfuscher unterwegs“ gekleidet – provokant vor eine Apotheke in Eibiswald und rollte ein extra angefertigtes Plakat aus: „Der Kurpfuscher aus Eibiswald klärt auf“, stand darauf. Weiter aufgeführt ist eine Auswahl an schlimmsten Nebenwirkungen, die auf Beipackzetteln zu lesen sein können, darunter Gehirn- und Magenblutungen sowie Nierenversagen. Immer wieder soll er Zeitungsberichten nach Kunden der Apotheke gefragt haben, ob sie die Beipackzettel zu den gerade gekauften Medikamenten auch gelesen haben.
„Es kann doch nicht sein, dass die Leute teures Gift essen und daran auch noch sterben. Die Leute sollen sehen, was sie hier einkaufen“, sagte Franz gegenüber meinbezirk.at. Er kündigte an, die Aktion auch vor anderen Apotheken durchführen zu wollen: „Ich möchte meine Botschaft vor möglichst allen Apotheken in Österreich anbringen, in einem Jahr bin ich sie durch.“
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