In der Schweiz ist die ärztliche Selbstdispensation erneut in die öffentliche Diskussion geraten. Die Krankenkasse Helsana hat eine Untersuchung vorgestellt, derzufolge die knapp 4000 Ärzte, die in der Zentral- und Ostschweiz eigene Praxisapotheken betreiben, pro Jahr Medikamente im Wert von umgerechnet 183.000 Euro abgeben. Der Gewinn je Praxis liegt im Durchschnitt bei 35.000 Euro.
Die Kasse fordert nun, unterstützt vom Kassenverband Santésuisse, dass die Ärzte ihren Verkaufspreis um mindestens 10 Prozent reduzieren. Denn nach Angaben der Krankenversicherer liegen die Personal- und Infrastrukturkosten der Praxisapotheken deutlich unter denen der Apotheken. Die Kassen hoffen auf Einsparungen von bis zu 60 Millionen Euro. Allerdings würde eine Änderung des ärztlichen Tarifvertrages zu einer neuen Schieflage führen: Denn setzen sich die Kassen mit ihrer Forderung durch, wären Arzneimittel in den Praxen grundsätzlich billiger als in den Apotheken.
Ohnehin wehren sich die Mediziner gegen die Pläne: In den 13 Kantonen, in denen die Selbstmedikation erlaubt sei und praktiziert werde, seien die möglichen Einnahmen aus der Arzneimittelabgabe bei der Festlegung der Honorare bereits berücksichtigt worden, so der Medizinerverband FMH. In der Schweiz ist laut Krankenversicherungsgesetz die Abgabe von Medikamenten durch Ärzte nur dort zugelassen, wo die Versorgung nicht durch Apotheken sichergestellt ist. In der Vergangenheit hatte es insbesondere im Kanton Zürich immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Apothekern und Ärzten hinsichtlich der Auslegung dieser Vorgabe gegeben.
Möglicherweise ist die Diskussion jedoch ohnehin überflüssig: In der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) hatte vor kurzem der Rechtsanwalt Professor Dr. Tomas Poledna dargelegt, dass nach dem seit September geltenden Medizinalberufegesetz in der Schweiz die Selbstdispensation eigentlich nicht mehr zugelassen ist. Die Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung ist danach in allen Kantonen direkt an die Ausbildung geknüpft: Da der ärztliche Umgang mit Arzneimitteln nicht die Abgabe beinhalte, fehle den Medizinern die entsprechende Qualifikation zur Dispensierung. Der Jurist, der auch Berater des schweizerischen Apothekerverbandes ist, geht davon aus, dass die veränderte Rechtslage zu einer Neubewertung führen muss.
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