Bulgarien

Ketten-Strohmann für Actavis-Großhändler?

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Vor gut einem Jahr hatte der isländische Generikakonzern Actavis Gerüchte über einen anstehenden Verkauf seiner bulgarischen Großhandelstochter Higia energisch zurückgewiesen. Jetzt wurde die Abspaltung des Unternehmens doch noch bekannt gegeben. Für einen unbekannten Kaufpreis übernimmt die 31-jährige Privatinvestorin Rossitsa Veselinova Velikova einen der führenden Großhändler Bulgariens. Beobachter vermuten, dass der eigentliche Käufer der Betreiber einer der größten Apothekenketten des Landes ist.

Den Gerüchten zufolge soll Veselin Mareshki hinter der Übernahme stehen, dem über die Holdinggesellschaft Varnapharma die Apothekenkette „Apteki Mareshki“ mit mehr als 100 Filialen gehört. Weil in Bulgarien aber die Vertikalisierung verboten ist, wäre in diesem Fall eine Strohmann-Konstruktion durchaus denkbar - nicht für die Apotheke, sondern für die vorgelagerte Handelsstufe.

Mareshki ist eine schillernde Figur in der Wirtschaft Bulgariens. Ihm werden Kontakte zur Finanzgruppe TIM nachgesagt; als Politiker sitzt er für die rechtspopulistische Partei „Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit“ im Stadtrat von Varna. Vor drei Jahren kandidierte Mareshki sogar für das Bürgermeisteramt. Als er im Wahlkampf im Gegenzug für ihre Stimme Rentnern in seinen Apotheken Rabatte geben ließ, schalteten sich Staatsanwaltschaft und Polizei ein. Der Geschäftsmann fand den Stimmenkauf auf Rezept nicht anstößig; am Ende holte er 15 Prozent.

Mareshki gehören auch verschiedene Immobilien in der Innenstadt von Varna. Erst Anfang des Jahres kaufte er das Hauptpostamt, das er in ein Gesundheitszentrum umwandeln will. Zu Mareshkis Portfolio gehören bereits verschiedene Polikliniken, derzeit arbeitet der Investor angeblich am Aufbau einer eigenen Krankenversicherung.

Die Actavis-Tochter Higia arbeitet als Lieferant bereits seit längerem mit Mareshki zusammen. Nach Angaben des isländischen Konzerns ist der Verkauf das Ergebnis einer im vergangenen Jahr durchgeführten detaillierten Untersuchung der verschiedenen Geschäftsaktivitäten. Der bulgarische Actavis-Chef Iliya Pashov sagte, der Großhandel gehöre nicht zum Kerngeschäft. Auch die Deutsche Bank als Hauptgläubiger könnte die Abspaltung der Sparte als einfachste Lösung gesehen haben.

Das hatte die ehemalige Konzernspitze in Island vor ein paar Jahren noch anders gesehen: Actavis hatte Higia im November 2005 gekauft, da auch andere Hersteller in Bulgarien den Vertrieb ihrer Produkte durch Beteiligungen an Großhändlern in die eigene Hand genommen hatten. Insofern war der Zukauf für den damaligen Actavis-Chef Robert Wessman zwingend gewesen: Man habe nicht in die Situation kommen wollen, bei Mitbewerbern nach Vertriebsmöglichkeiten fragen zu müssen, so Wessman.

Mit einem Anteil von rund 21 Prozent ist Higia Marktführer im bulgarischen Pharmagroßhandel. Das Unternehmen betreibt außerdem ein eigenes Franchisekonzept namens Pharma Expert. Die rund 200 Apotheken sind nun also plötzlich Kunden eines ihrer größten Mitbewerbers.

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