Fiskus bremst Apothekenketten aus APOTHEKE ADHOC, 12.10.2017 15:28 Uhr
Seit zwei Monaten gibt es in Italien kein Fremdbesitzverbot mehr. Bislang sind aber noch keine größeren Apothekenketten an den Start gegangen. Die Branche wartet ab – vor allem auf ein neues Steuergesetz.
Nachdem jahrelang um die Liberalisierung gerungen wurde, können seit Ende August nicht mehr nur Approbierte eine Apotheke eröffnen, sondern jede natürliche und juristische Person. Der Verband Federfarma hatte sich dafür ausgesprochen, dass Approbierte die Mehrheit der Anteile und damit Stimmrechte halten müssen. Dies wurde jedoch nicht umgesetzt. Die gesetzlich vorgegebenen Öffnungszeiten für Apotheken fallen weg.
Einige Einschränkungen gibt es dennoch: Zwar können Großhändler Apotheken besitzen, pharmazeutische Unternehmen hingegen nicht. Die Eigentümer dürfen nicht mehr als 20 Prozent der Apotheken in einer Region besitzen. Die Kartellbehörden sollen die Einhaltung dieser Schwelle überwachen. Das Alltagsgeschäft in Apotheken muss weiterhin von einem Approbierten geführt werden.
Die Apotheker konnten zwei kleine Siege davon tragen: Die Bedarfsplanung wird auch nach der Liberalisierung beibehalten, sie richtet sich nach der Bevölkerungszahl im jeweiligen Bezirk. Das freut die etablierten Apotheker einerseits, macht es aber für den Nachwuchs fast unmöglich, eine neue Apotheke zu eröffnen oder sich im Bieterverfahren durchzusetzen. Die Liste C, die mehrere Hundert nicht erstattungsfähige Medikamente enthält, wird nicht in die Parafarmacien entlassen. Auf der Liste befinden sich sowohl freiverkäufliche als auch rezeptpflichtige Präparate.
Die italienische Regierung erhofft sich von dem Gesetz eine Stärkung des Wettbewerbs und mehr Investitionen. Bisher scheinen die großen Konzerne aber zu zögern. Dabei sind große Pharmahändler wie Celesio oder Phoenix in Italien schon länger aktiv. Hauptproblem ist dem Vernehmen nach aber, dass viele Apotheker noch abwarten. Denn derzeit müssten sie Gewinne aus dem Verkauf sofort versteuern. Ein Gesetz, das ihnen analog zu Kapitalgesellschaften die Möglichkeit gibt, die Gewinne zunächst zu „parken“, ist in Vorbereitung.
In Italien gibt es etwa 18.000 öffentliche Apotheken, in denen 50.000 Approbierte arbeiten. 2006 wurden die Parafarmacien zugelassen, die hauptsächlich in Einkaufsstraßen oder Supermärkten zu finden sind. Sie dürfen OTC-Medikamente verkaufen, solange ein Apotheker anwesend ist. Aufgrund dieser Vorgabe drängen die Betreiber darauf, auch andere Sortimente abgeben zu dürfen.
Im Februar 2015 hatte die Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi das Liberalisierungsgesetz vorgelegt. Die Abgeordnetenkammer stimmte der Abschaffung von Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie der Bedarfsplanung zu. Im Frühjahr 2016 hätte noch der Senat entscheiden müssen. Dann kam die große Überraschung: Am 31. März trat Industrieministerin Federica Guidi überraschend von ihrem Ministeramt zurück. Zuvor war bekannt geworden, dass Guidi ihren Lebensgefährten Gianluca Gemelli vorab über Regierungsentscheidungen informiert haben soll. Die Liberalisierung lag dadurch auf Eis, bis mit Carlo Calenda ein Nachfolger gefunden wurde.