Kompetenzerweiterungen

Kanada: Apotheker dürfen impfen und verschreiben

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Berlin -

In Teilen Kanadas dürfen Apotheker künftig bei bestimmten Bagatellkrankheiten selbst Verordnungen ausstellen, ärztliche Verordnungen anpassen und Impfungen vornehmen. Mit den Kompetenzerweiterungen wollen die Regierungen der Provinzen Québec und Ontario den Zugang zur medizinischen Versorgung erleichtern. In anderen Provinzen des Landes haben Apotheker diese Rechte bereits.

In der größten kanadischen Provinz Québec wurde das „Gesetz 31“ vergangenen Donnerstag von Gesundheitsministerin Danielle McCann ins Kabinett eingebracht und soll die Kompetenzen von Apothekern erheblich ausweiten. So ist vorgesehen, dass sie Impfungen bei Erwachsenen und Kindern ab sechs Jahren selbst verschreiben und durchführen sowie „in bestimmten Notfällen“ auch Verordnungen für andere Rx-Präparate ausstellen dürfen. Kinder unter sechs Jahren sollen weiterhin nur durch Ärzte geimpft werden dürfen. Welche Arzneimittel unter welchen Umständen von Apothekern verschrieben werden dürfen, soll am Donnerstag unter Beteiligung der Verbände Québec Order of Pharmacists und Québec Association of Pharmacy Owners verhandelt werden.

Außerdem sollen Apotheker berechtigt werden, Verordnungen über erstattungsfähige OTC-Präparate auszustellen, Folgeverordnungen auszustellen und Rezepte anzupassen. Das Vorhaben, Apothekern das Impfrecht einzuräumen, hat einen ähnlichen Hintergrund wie die Debatte in Deutschland: Im Frühjahr waren in der Hauptstadt Montreal mehrere Masernfälle gemeldet worden, es war der erste Ausbruch seit 2015, als sich in der Region Lanaudière 163 Menschen ansteckten. Mit Sorge blicken viele Québecer auch nach Süden, wo im US-Bundesstaat New York allein in diesem Jahr bereits 700 Masernfälle registriert wurden.

Mehrere Organisationen und Verbände hatten daraufhin vor den Folgen mangelnder Durchimpfungsraten gewarnt und Maßnahmen zur Erhöhung der Impfquote gefordert. Das Gesundheitsministerium von Québec hat als ersten Schritt fünf Impfzentren eröffnet, in denen sich Angehörige von Risikogruppen kostenlos impfen lassen können. Außerdem schließt Québec damit zu anderen kanadischen Provinzen auf: In Ontario und Novia Scotia beispielsweise dürfen Apotheker schon seit Jahren impfen.

Dafür durften Apotheker in der Nachbarprovinz Ontario bisher keine Rezepte ausstellen. Das soll sich nun ebenfalls ändern. Ontarios Premierminister Doug Ford hat am Donnerstag verkündet, dass Pharmazeuten künftig bei einfachen Bagatellkrankheiten wie Erkältungen, Halsschmerzen, Bindehautentzündungen oder Harnwegsinfektionen selbst Arzneimittel verschreiben dürfen. Es handele sich um eine „einfache Veränderung, die den Patienten Zeit und Geld sparen“ werde, zitieren kanadische Medien Ford. Der Apothekerverband der Provinz, die Ontario Pharmacists Association, begrüßt die Reform, die sie selbst zehn Jahre lang gefordert hat, ebenfalls als Verbesserung für die Patienten. Die Gesundheitsministerin von Ontario, Christine Elliott, kündigte an, nun gemeinsam mit dem Apothekerverband eine Liste von Indikationen zu erarbeiten, die Apotheker diagnostizieren dürfen.

Dabei werde man sich an anderen Provinzen des Landes orientieren, die derartige Regelungen bereits haben. So gibt es in der Provinz New Brunswick eine Liste von 32 Indikationen, bei denen Apotheker Diagnosen stellen und Medikamente verschreiben dürfen. Bevor sie diesen Dienst anbieten dürfen, müssen die Apotheker eine Fortbildung absolvieren und sich zertifizieren lassen. Die Erfahrungen seit der Kompetenzerweiterung seien durchweg positiv, zitiert der Nachrichtensender CTV News Paul Blanchard, Präsident der New Brunswick Pharmacists Association. Seit der Gesetzesänderung 2008 habe es „keinerlei Probleme“ deshalb gegeben. Bei komplexeren Krankheitsbildern würden Apotheker stets an Ärzte verweisen.

Die kanadischen Provinzen folgen mit den Kompetenzerweiterungen einem internationalen Trend. In mehreren Ländern wurde Apothekern in den vergangenen Jahren das Recht eingeräumt, Patienten zu impfen, Folgeverordnungen auszustellen oder bei bestimmten Krankheiten gleich selbst zu verordnen. Zuletzt hatte in diesem Jahr die französische Regierung Apothekern das Impfrecht erteilt. In England können Apotheker seit 2015 impfen, in Irland bereits seit 2011. Vergangenes Jahr veröffentlichte der europäische Apothekerverband PGEU ein Weißbuch, in dem er die Rahmenbedingungen für das Impfen in Apotheken in verschiedenen europäischen Ländern vergleicht und Handlungsempfehlungen für eine Einführung des Impfrechts für Apotheker in verschiedenen europäischen Ländern gibt.

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