Eigentlich konnten sich Italiens Apotheker auf Silvio Berlusconi und seine Partei „Popolo della Libertà“ stets verlassen: Die Liberalisierungsgesetze der Technokraten-Regierung um den Wirtschaftsprofessor Mario Monti sind von der Berlusconi-Partei im Nachhinein abgeschwächt worden. Im Wahlkampf schlägt Berlusconi nun aber andere Töne an: In einem Radiointerview fordert er die Deregulierung des Apothekenmarktes nach amerikanischem Vorbild.
Der ehemalige Ministerpräsident, der bei der kommenden Wahl erneut als Spitzenkandidat ins Rennen geht, stört sich insbesondere an den vielen Niederlassungsbeschränkungen für Apotheken: „Ein Unternehmen aus dem Gesundheitswesen, das eine Apotheke eröffnen will, muss sich heutzutage an die Kommunen wenden, ihr Projekt vortragen, auf Anträge warten und kann erst nach einer langen Wartezeit mit der Arbeit beginnen.“
Insbesondere in Nord- und Mittelitalien haben die Kommunen nach dem zweiten Weltkrieg selbst Apotheken aufgebaut und erstanden, um die Arzneimittelversorgung zu sichern. In den meisten Städten wurden die Anteile an diesen Apotheken aber inzwischen an große Pharmahandelskonzerne wie beispielsweise Celesio verkauft. Trotzdem gibt es in Italien eigentlich ein Fremd- und Mehrbesitzverbot.
Bislang hatte die PdL dieses auch immer verteidigt. Ihr Spitzenkandidat Berlusconi will im Falle seiner Wahl allerdings eine Kursänderung: „Wir wollen dieses System unbedingt ändern und es an das amerikanische Modell anpassen: Wer eine Apotheke eröffnen will, soll dies erst einmal tun. Erst im Nachhinein soll eine Behörde dann überprüfen, ob bei der Eröffnung gegen Gesetze verstoßen wurde. Natürlich müsste in diesem Fall nachträglich etwas geändert werden.“
Der Sinneswandel des „Cavaliere“ überrascht. Bei den Liberalisierungsgesetzen im vergangenen Jahr setzte sich die Berlusconi-Partei ausdrücklich gegen eine Aufweichung der Niederlassungsbeschränkungen ein. Monti hatte vor, die Bedarfsplanung radikal zu deregulieren, aufgrund mehrerer Anträge der PdL wurde sie allerdings nur abgeschwächt.
Monti hatte sich daher kürzlich auch über Berlusconbi beschwert: Aufgrund der Nähe seiner Partei zu den Pharmazeuten zu seiner Partei habe er seine Liberalisierungen nicht ausreichend genug durchsetzen können. Bei den anstehenden Senats- und Parlamentswahlen kandidieren acht Apotheker für die Berlusconi-Partei PdL, für den Monti-Block kein einziger.
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