Vor einem Jahr schnellten in der Kleinstadt Rochester im US-Bundesstaat Indiana die Verkaufszahlen von Erkältungsmitteln mit Pseudoephedrin in die Höhe. Gleichzeitig wurden immer mehr illegale Meth-Küchen ausgehoben. Weil ein Rx-Switch aber nicht in Sicht ist, verfolgen die Apotheker in Rochester nun eine andere Strategie im Umgang mit vermeintlichen Drogenköchen: Neugierig nachfragen. Der Rest kommt von selbst.
Die Strategie der Apotheker sieht vor, Patienten, die nach Pseudoephedrin-haltigen Erkältungsmitteln fragen, nach ihrer medizinischen Historie zu fragen und sie zu Pseudoephedrin-freien Alternativen zu beraten. Einer der Initiatoren ist Apotheker Harry Webb aus Rochester. Webb betreibt zwei unabhängige Apotheken und meint: „Die Leute, die die Medikamente für die Produktion von Meth haben wollen, verlassen die Apotheke umgehend, sobald wir beginnen, ihnen die Fragen zu stellen. Sie wissen, dass wir an ihnen dran sind.“
Apotheker in Arkansas hatten das gleiche Problem mit gleicher Strategie in den Griff bekommen: Das Gesetz in dem Bundesstaat schützt Apotheker, die die Abgabe von Erkältungsmitteln verweigern. Die Maßnahme führte dazu, dass die Fälle, in denen Meth-Labore in Arkansas hochgenommen wurden, im Zeitraum von 2010 bis 2014 auf die Hälfte reduziert werden konnte.
In Indiana gibt es eine solche Regelung bislang nicht. Hier haben Apotheker per Gesetz die Pflicht, Pseudoephedrin-Verkäufe zu erfassen und zu beobachten. Käufern gegenüber, die eine staatlich vorgegebene Obergrenze erreichen, darf die Abgabe abgelehnt werden. Damit sollen vor allem die Strohmänner ausfindig gemacht werden, die die Medikamente im Auftrag der Meth-Produzenten einkaufen.
Apotheker Webb hält das Vorgehen für nicht allzu erfolgreich. Indiana rangiere laut Polizei immer noch unter den fünf Staaten mit den meisten Meth-Labor-Beschlagnahmungen – wenngleich die Gesamtzahl von 1800 Fällen im Jahr 2013 auf 1400 Fälle in 2014 gesunken ist. Allein in Rochester gab es im vergangenen Jahr 27 Beschlagnahmungen.
Seit die Apotheker in der Region ihre Nachfrage-Strategie verfolgen, seien die Absatzzahlen von Pseudoephedrin-haltigen Erkältungsmitteln aber bereits um 50 Prozent zurückgegangen. Man habe aber weiterhin Bedenken, dass die Meth-Köche ihr Material aus benachbarten Städten besorgten. Daher bleibe das Ziel bestehen, den Gesetzgeber von der Notwendigkeit einer staatlichen Maßnahme zu überzeugen.
In Oregon und Mississippi gilt bereits die Rezeptpflicht für Erkältungsmittel – es sind die einzigen beiden Bundesstaaten, die sich für diese Regelung entschieden haben. Im Kongress waren entsprechende Anträge in den letzten fünf Jahren durchgängig gescheitert, der Druck der Pharmalobby war zu groß. Experten gehen davon aus, dass auch die nächsten Versuche so enden werden.
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