Illegale Versandhändler: Interpol schlägt zu APOTHEKE ADHOC, 26.07.2016 14:40 Uhr
Gefälschte Krebsmedikamente, minderwertige HIV-Tests und verbotenes Operationsbesteck – Ermittler aus mehr als 100 Staaten sind in der konzertierten Aktion „Pangea“ gegen den Handel mit illegalen Arzneimitteln und medizinischen Hilfsmitteln im Internet vorgegangen. Die Operation der internationalen Polizeiorganisation Interpol findet bereits zum neunten Mal statt. In Deutschland operieren das Zollkriminalamt (ZKA) und das Bundeskriminalamt (BKA) zusammen. Die Aktion wurde vom 30. Mai bis 7. Juni durchgeführt. Jetzt haben die Ermittler ihre Erfolge präsentiert.
Unter der Koordination von Interpol tauschten die teilnehmenden Behörden Informationen in der Hauptzentrale in Lyon aus. An der Operation beteiligt waren die Weltzollorganisation (WZO), Europol, die Pharmaindustrie sowie internationale Zahlungs- und Zustelldienstleister.
Interpol bilanziert: 393 weltweite Festnahmen, 4932 gesperrte Webseiten und zahlreiche Beschlagnahmen illegaler potenziell gefährlicher Medikamente im Wert von rund 53 Millionen US-Dollar. Die Ermittler der Polizei-, Zoll- und Gesundheitsbehörden gingen vor allem gegen den Onlinehandel illegaler Arzneimittel vor. So entdeckten sie betrügerische Internet-Domains, elektronische Bezahlsysteme und Lieferdienste zahlreicher dubioser Unternehmen.
12,2 Millionen gefälschte Medikamente wurden konfisziert – darunter Diätpillen, Anti-Malaria- und Cholesterin senkende Medikamente, Haarwuchs- und Nahrungsergänzungsmittel sowie Präparate gegen erektile Dysfunktion. Die Beamten entdeckten außerdem mehr als 270.000 medizinische Geräte im Wert von mehr als einer Million Dollar.
In Ungarn beschlagnahmte die Polizei insgesamt 65.000 Medikamente für die Behandlung von Angststörungen. Die illegalen Präparate wurden im Rücksitz und Ersatzreifen eines Autos versteckt. In Österreich entdeckten die Fahnder ein unterirdisches Labor, in dem gefälschte Medikamente wie Steroide produziert worden sind.
Die Polizeibehörden in Deutschland ermitteln seit Abschluss der Operation in 89 Fällen gegen die meist international organisierten Betreiber von 60 Internetseiten, die in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel vertreiben.
Hauptaugenmerk der Zollbehörden in den Bundesländern waren Briefe, Pakete und Päckchen mit Arzneimitteln. In nur einer Woche zogen sie insgesamt 564 ausländische Brief- und Paketsendungen mit 50.915 Tabletten, Kapseln und Ampullen aus dem Verkehr, berichtet das BKA. Ein Großteil der Sendungen stamme aus Indien, aber auch aus Ländern wie Singapur, China, Polen und Ungarn.
Die deutschen Kriminalämter warnen auch vor illegalen Online-Apotheken, die sich den immer beliebter werdenden Einkauf von Arzneimitteln im Internet zunutze machten. „Medikamente mit falschem Wirkstoffgehalt oder ohne Wirkstoff, wie auch Präparate mit gesundheitsgefährdenden Bestandteilen, sind im illegalen Arzneimittelhandel keine Seltenheit mehr. Und nicht nur Medikamente verursachen unerwünschte Nebenwirkungen: Spam-Mails mit Arzneimittel-Werbung enthalten oft Schadsoftware, die die Computer der Opfer ausspäht“, heißt es weiter.