OTC-Marketing

Holografie: Fliegende Flaschen in der Offizin

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Screenshot Sanofi
Berlin -

Wem LED-Bildschirme und Touchscreens in der Offizin schon wie Zukunftsmusik vorkommen, der dürfte sich in zwei Zürcher Apotheken die Augen reiben: Sanofi wirbt dort mit 3D-Hologrammen für seinen Hustensaft Bisolvon Phyto Complete. Die Animationen in der Luft sind ein Pilotprojekt. Ist es erfolgreich, könnten die Hologramme im zweiten Halbjahr auch nach Deutschland kommen.

Schwerelos schwebt eine Packung Bisolvon über dem HV-Tisch. Nur berühren kann man sie nicht, denn sie besteht aus Licht. Dann löst sie sich in drei Blasen auf, die Honig, Thymian und Spitzwegerich enthalten. Die Blasen kreisen umeinander und vereinen sich dann, um in einer Bisolvon-Flasche zu verschwinden. Nachdem sie zuletzt Fans von verstorbenen Musikgrößen wie Michael Jackson, Freddie Mercury oder Ronnie James Dio verzückt hat, kehrt die Holografie nun auch zunehmend ins Produktmarketing ein. Und Sanofi will da Pionier sein.

Hinter der Aktion steckt Marketingmanagerin Senja Jimenez, die Idee dazu hatte sie auf der Emex, der größten Marketing-Messe der Schweiz. „Ich gehe da alle paar Jahre mal hin, um mich inspirieren zu lassen, was es so an neuen Trends und Technologien gibt“, erzählt sie. Dort landete sie am Stand von Jamaze, einem Schweizer Start-up, das seine Brötchen mit allerlei audiovisueller Technologie verdient, von Virtual Reality über interaktive Projektionen bis zu Augmented-Reality-Applikationen. Deren neuester Schrei: individuell programmierte Hologramme für Messen, Events und Verkaufspunkte. „Ich habe schon viele Hologramme gesehen, aber noch nie in solcher Qualität“, zeigt sich Jimenez begeistert.

„Wir suchen immer neue Wege, am POS aufzufallen, weil das ja nicht gerade einfach ist“, sagt sie. „Und diese Hologramme sind jetzt innovativ – wer weiß, ob sie das in ein paar Jahren noch sind. Deshalb wollten wir die Ersten sein.“ Also machte sie sich auf die Suche nach Apotheken, um die neue Technologie in einem Pilotprojekt zu erproben. Denn die müssen ein paar Kriterien erfüllen: „Die Apotheke muss sich aus unserer Sicht lohnen, weil wir für das Hologramm auch einiges investieren“, erklärt Jimenez.

So braucht der Betrieb eine ausreichend hohe Kundenfrequenz, einen guten Standort mit viel Laufkundschaft und einen genügend großen Innenraum. Dann muss der Außendienstmitarbeiter mit dem Inhaber ein Ziel bezüglich der Abverkäufe vereinbaren. Außerdem müsse ein ausreichend großes Lager vorhanden sein, betont die Managerin: „Nicht, dass das Hologramm die Nachfrage steigert und dann nichts mehr vorrätig ist!“

Ende des Jahres wurde Jimenez dann in Zürich fündig: In der Bahnhof- und der Bellevue-Apotheke wird derzeit ein Testlauf durchgeführt. In der Bahnhof-Apotheke flackert das Hologramm seit Anfang Januar über dem HV-Tisch, in der Bellevue-Apotheke im Schaufenster. Beide Apotheken entsprechen zweifellos den Sanofi-Kriterien: Sie sind die beiden größten der Schweiz und 24/7 geöffnet. Außerdem gibt es hier immer wieder aufmerksamkeitsstarke Schaufensterdekorationen. Wichtig ist die Größe nicht nur aus ästhetischen Gründen – damit das Hologramm seine volle Wirkung entfalten kann – sondern auch der Sicherheit wegen: „Man muss auch die Möglichkeit haben, das Gerät hoch genug zu befestigen, damit niemand hinein fassen kann“.

Auf zwei Monate ist das Pilotprojekt angelegt. „Anfang, Mitte März werden wir die Zahlen haben, dann wissen wir, ob es erfolgreich war“, kündigt Jimenez an. Ist die Probe ein Erfolg, sieht sie eine Menge Potenzial für das Hologramm-Konzept. So kann man die Animationen zentral über das Internet steuern, auch nachdem das Konzept über mehrere Standorte ausgerollt wurde. „Wenn man zum Beispiel weiß, dass in den kommenden Tagen die Pollenbelastung besonders hoch ist, kann man ein Allergieprodukt einspielen.“

Sie sei optimistisch, dass der Test erfolgreich verläuft, sagt Jimenez. „Ein Key Account Manager war vor Kurzem da und sagte mir, dass das Hologramm schon jetzt eine Wahnsinnswirkung auf die Kunden hat.“ Wirkt sich die fliegende Flasche merklich auf den Abverkauf aus, will Sanofi das Konzept in der ganzen Schweiz ausrollen. Und auch für Deutschland sei die Einführung schon im Gespräch: „Ich habe bereits mit den Kollegen vom Trademarketing in Deutschland gesprochen. Die haben schon eine deutsche Firma kontaktiert und für 100 Apotheken angefragt.“ Deren Vorteil: Während Jamaze pro Standort und Jahr 3000 Schweizer Franken (2670 Euro) nimmt, macht es der deutsche Anbieter für rund 1000 Euro.

Ein ähnlich innovatives Marketingkonzept hatte vor zwei Jahren bei Boehringer wenig Erfolg: Die Agentur McCann hatte gemeinsam mit den Ingelheimern ein interaktives City-Light-Poster entwickelt, das Erkältungspräparate vorschlägt, wenn Passanten husten oder niesen. Das Konzept wurde im Frühjahr 2016 im Berliner Hauptbahnhof getestet, ging aber niemals in die Fläche.

Richtmikrofone registrierten dabei typische Erkältungsgeräusche. Passanten wurden daraufhin entweder auf Boxagrippal oder Mucosolvan und auf die Apotheke im 1. Obergeschoss hingewiesen. Die Agentur versprach damals neue, zielgruppenspezifische Möglichkeiten für die OTC-Werbung. Denn bei dem Format müssten Kunden nur dann für die Anzeige zahlen, wenn diese auch tatsächlich ausgespielt werde. Eine breitere Abdeckung vorausgesetzt, seien womöglich anhand statistischer Daten sogar Erkältungswellen zu registrieren.

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