Apotheken droht Zuwanderungsstopp APOTHEKE ADHOC, 05.03.2014 09:18 Uhr
Die Schweizer haben sich in einem Volksentscheid für eine Begrenzung der Zuwanderung ausgesprochen. In der EU hat diese Entscheidung für viel Unmut gesorgt. Noch wurde nichts Konkretes beschlossen, am Ende könnten aber auch auf dem Apothekenmarkt Probleme entstehen: Denn in der Schweiz sind zahlreiche Pharmazeuten aus dem Ausland beschäftigt.
„In den Schweizer Apotheken sind wir schon heute auf zusätzliches ausländisches Personal angewiesen, um die offenen Stellen zu besetzen“, sagt eine Sprecherin des Apothekerverbands. Wenn die Personenfreizügigkeit aufgehoben würde, sei eine Verschärfung denkbar.
In der Schweiz wurden laut amtlicher Statistik zwischen 2002 und Mitte 2013 mehr als 1800 ausländische Apothekerdiplome anerkannt. Diese Zahl gibt zwar keine Auskunft darüber, wie viele der ausländischen Apotheker tatsächlich in einer Schweizer Apotheke arbeiten – rein rechnerisch kommt jedoch auf jede der rund 1750 Apotheken ein Pharmazeut aus dem Ausland.
Die meisten Apotheker, die ihren Berufsabschluss anerkennen ließen, stammen aus Deutschland: 654 Pharmazeuten wanderten in den vergangenen elf Jahren in das Nachbarland aus. Auch bei französischen (523) und italienischen Apothekern (404) ist die Schweiz beliebt. Aus Österreich kamen 43 Pharmazeuten in die Schweiz – Platz 4 für die Alpenrepublik.
Bereits konkrete Folgen hat der Volksentscheid für Studenten: Die Schweiz darf ab dem kommenden Wintersemester nicht mehr an dem studentischen Austauschprogramm Erasmus teilnehmen. Studenten aus der Schweiz dürfen nicht mehr – wie geplant – im Rahmen des Programms in andere EU-Länder gehen. Studenten aus den EU-Staaten können ihr Auslandssemester nicht an einer Universität des Landes absolvieren.Pharmaziestudenten dürfte das allerdings kaum betreffen: Auch wenn einige Universitäten ein Austauschprogramm anbieten, wagen nur wenige Studenten den Schritt ins Ausland. Auch bei den Schweizer Pharmaziestudenten ist das Interesse offenbar gering – wichtiger ist es, das Studium schnell abzuschließen.
Dagegen könnten Doktoranden von dem Volksentscheids betroffen sein: Die Möglichkeit, an einer Uni in einem EU-Mitgliedstaat zu promovieren, würde bei einer Einschränkung des freien Personenverkehrs zumindest komplizierter. Formal würden die EU-Länder dann als Drittstaaten gelten.
Die Sprecherin des Apothekerverbandes betont, dass es noch eine ganze Weile dauern werde, bis die gesetzliche Grundlage für „Einwanderungskontingente“ geschaffen würde. Der Initiativtext, über den abgestimmt worden sei, sei zudem sehr offen formuliert. Weitere Volksabstimmungen seien wahrscheinlich. Daher sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzbar, wie die Umsetzung genau ausschauen werde.
In dem Volksentscheid hatten sich die Schweizer im Februar mit knapper Mehrheit für eine Beschränkung der Zuwanderung ausgesprochen. Daraufhin hatte die EU Gespräche zu Erasmus und dem EU-Forschungsprogramm Horizont 2020 vorläufig gestoppt.
Die Schweiz ist zwar nicht Mitglied der EU, allerdings gibt es rund 120 Abkommen. So nimmt die Schweiz am europäischen Binnenverkehr teil, der mit den vier Freiheiten Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr das Herzstück der EU darstellt.